Das Interesse österreichischer und deutscher Fondsgesellschaften an Kryptowährungen steige deutlich, sagt Laurent Kssis, Managing Director und Mitglied des Vorstands beim Kryptospezialisten 21Shares. Das Unternehmen aus dem Schweizer "Tech-Kanton" Zug sieht sich weltweit als erster Anbieter, der ein Kryptoprodukt an die Börse gebracht hat. Einer der Vorteile liegt darin, dass Anleger kein eigenes Kryptowallet anlegen müssen, sondern die Werte über ihren (regulierten) Broker kaufen können. Wien war im September 2020 laut Unternehmensangaben der dritte Börsenplatz weltweit, der ein Bitcoin-Produkt in seinem amtlichen Handel zugelassen hat (nach der Schweiz und Deutschland).

Nun verstärkt 21Shares die Vermarktung bei den Investoren. "Derzeit machen wir unser Geschäft zu einem großen Teil mit Privatbanken und Family Offices. Jetzt beginnen wir auch mit Fondsgesellschaften. Wir stehen vor einer Situation, wo mehr Portfoliomanager einen kleinen Teil, ungefähr 0,5 bis ein Prozent der Assets, auch in Kryptowährungen investieren dürfen", sagt Managing Director Laurent Kssis im Gespräch mit der Redaktion. Erste Zuflüsse aus dem Fondssektor habe man in der Schweiz und in Deutschland. In Österreich sei man unter anderem mit den drei großen Fondsgesellschaften im Gespräch.

"Würden gern jemanden in Österreich einstellen"
Generell steige die Nachfrage derzeit kräftig. In den vergangenen drei Monaten hätten sich die Zuflüsse in fast allen der bisher elf 21Shares-Produkte verdoppelt, sagt Kssis. Freilich liegen die Assets gemessen an sonstigen Dimensionen der Finanzbranche, nach wie vor auf tiefem Niveau. Das Unternehmen, das 2018 in der Schweiz startete, verwaltet nach Eigenangaben knapp 190 Millionen Dollar. Der Löwenanteil, rund 85 Prozent, komme aus dem Stammmarkt Schweiz. Zehn Prozent betreffen mittlerweile aber bereits Deutschland, wo man soeben mit der gezielten Investorenansprache begonnen habe – im September wurde der Finanzprofi Carsten Meier als Consultant für Institutionelle Investoren eingestellt. "Wir wollen die Präsenz auch in Österreich verstärken. Wenn wir die richtige Person finden, dann würden wir gern jemanden einstellen", so Kssis. Neben diesen Märkten wolle man außerdem das UK-Geschäft ankurbeln.

Dass Marketing nötig ist, kann man an den Börsentabellen ablesen. In Wien, wo zwei 21Shares-ETPs (Exchange Traded Products) gelistet sind (die restlichen sollen folgen), werden meist wenige tausend Euro pro Tag umgesetzt. "Wir sind erst seit wenigen Monaten am Markt. Solche Entscheidungen kommen gerade bei institutionellen Investoren nicht über Nacht", so Kssis.

Institutionelle Investoren im Zentrum
Die Großanleger stünden klar im Zentrum, auf sie habe man auch die Einführung der Produkte abgestimmt. So sind die ETPs im amtlichen Handel gelistet und damit im Börsensegment mit den höchsten Zulassungsvoraussetzungen. "Wir hätten vielleicht in Wien schon früher einen Eintritt bekommen für den Freiverkehr, aber nicht für den amtlichen Markt, wo die Regulierung strenger ist. Uns war es wichtig, dass wir hier zugelassen sind, denn viele institutionelle Investoren dürfen nicht im Freiverkehr verkaufen oder kaufen", so Kssis. Die ETPs bilden den Wert von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum nach und sind den Angaben zufolge vollständig durch physische Kryptoinvestments hinterlegt.

Obwohl viele Institutionelle den Markt vorerst von außen beobachten, würden diese sich in Gesprächen froh darüber zeigen, dass ihnen durch die Notiz im amtlichen Markt Kryptowährungen nun prinzipiell zugänglich werden. "Viele sehen, dass Bitcoins Sinn machen. Die Gesellschaften machen bereits viel Backtesting. Aber es bestehen natürlich Ängste", so Kssis. Dem entsprechend wolle auch 21Shares sich Zeit geben: "Wir wollen nicht über Nacht unser Geschäft verdoppeln, sondern eine langfristige Beziehung aufbauen", so Kssis.

Retail soll folgen
Retailanleger, die in diese Produkte ebenso investieren können, sollen nebenbei beziehungsweise in weiterer Folge angesprochen werden. Ob der Anbieter hier durchdringt, hängt von der Einstellung der Broker ab. Zögerlich sei etwa die Hello Bank, weil deren Mutter BNP Paribas Kryptowährungen skeptisch begegne. Dort heißt es gegenüber der Redaktion nach längerer Antwortzeit, dass "aktuell" einer der ETPs gehandelt werden könne. Auf weitere Fragen, etwa zur Firmenpolicy bezüglich Kryptowährungen, wurde nicht eingegangen. Anders wiederum handhabt es die Erste Group, wo ein Sprecher erklärt, dass alle elf 21Shares ETPs über das Depot geordert werden können. Kssis betont, Unsicherheiten seien bei Kryptoassets "normal". "Wir sind noch jung und haben Zeit. Viele Broker waren von Anfang an sehr offen. Es gibt einfach den Bedarf von Kleinanlegern und natürlich kommt damit für die Broker auch Umsatz herein", so Kssis. (eml)


Service: In Wien notieren der 21Shares AG Bitcoin ETP (CH0454664001) und der 21Shares AG Ethereum ETP (CH0454664027)