Einst galten sie als die neuen Sterne am Investmenthimmel. Die Fonds sollten Chancen nutzen, die sich in vier aufstrebenden Volkswirtschaften boten. Es war der damalige Chefökonom der US-Investmentbank Goldman Sachs, Jim O’Neill, der dem Staaten-Quartett einen griffigen Namen gab: BRIC. Brasilien, Russland, Indien und China, so schrieben die Autoren einer Goldman-Sachs-Studie, könnten bis 2050 die wirtschaftliche Vorherrschaft in der gesamten Welt erringen. Das war am 30. November 2001.

Heute, zwei Jahrzehnte nach O’Neills bahnbrechender Idee, die bei Fondsanbietern wie Anlegern hervorragend ankam, machen BRIC-Fonds kaum noch von sich reden. Von den fast 50 Produkten, die zu Spitzenzeiten am deutschen Markt vertreten waren, sind mittlerweile nur noch fünf übrig (siehe Tabelle). Viele Gesellschaften haben ihre Sondervermögen mit breiter aufgestellten Emerging-Markets-Portfolios verschmolzen. War das BRIC-Konzept am Ende also nichts weiter als eine ausgezeichnete Marketingidee, die eine Weile richtig zog?

Eine brillante Idee
"Aus Marketingperspektive waren BRIC-Fonds eine brillante Idee, die allerdings auch eine fundamentale Berechtigung hatte", sagt Andreas Köchling, Fondsanalyst bei Scope Analysis. "Es war ein durchaus gutes Konzept, aus dem großen, heterogenen Universum der Emerging Marktes jene vier Volkswirtschaften herauszunehmen, die damals maßgeblichen Einfluss auf die gesamte Weltwirtschaft hatten", erklärt er. China und Indien waren schon allein durch die Bevölkerungsstärke wichtige Märkte. China galt als Werkbank, Russland als Rohstofflieferant der Welt. "Und Brasilien stand als riesiges Land stellvertretend für alle Staaten des südamerikanischen Kontinents", sagt Experte Köchling. 

Anders als die meisten Entwicklungs- und Schwellenländer verfügten die vier BRIC-Staaten über eine ausreichend große Zahl an Unternehmen, in die investiert werden konnte, und Börsen, die auch für volumenstarke Fonds liquide genug waren. Zudem verzeichneten die vier Volkswirtschaften hohe Wachstumsraten. So kannten die Kurse von BRIC-Fonds bis zur Finanzkrise auch nur eine Richtung: aufwärts. Kurz geschüttelt, erholten sich die BRIC-Produkte bis 2012 wieder. "Doch dann geschah das Erwartbare: Die Länder haben sich völlig unterschiedlich entwickelt", sagt Köchling.

Extreme Unterschiede
Das zeigt ein Blick auf die Kapitalmärkte der BRIC-Länder. "Im vergangenen Jahr etwa hat der brasilianische Aktienmarkt ein Plus von 26 Prozent erzielt, während es in Indien lediglich sechs waren", weiß Köchling. Noch viel deutlicher werden die Unterschiede, wenn man die Währungsentwicklung der vergangenen zehn Jahre betrachtet: Der chinesische Renminbi legte gegenüber dem Euro fast 20 Prozent zu, der russische Rubel hingegen verlor beinahe 50 Prozent. Die indische Rupie büßte mehr als ein Fünftel ihres Wertes ein, der brasilianische Real sogar fast zwei Drittel.

"Es ist nicht sinnvoll, solche Länder in einen Topf zu werfen", sagt Köchling. Für institutionelle Investoren sei es besser, einzelne Länderinvestments zu tätigen. "Und für Privatanleger ist BRIC zu wenig", findet der Experte. Immerhin werde bei diesem Investmentkonzept ganz Südostasien weggelassen, auch Osteuropa bleibt unberücksichtigt, und außer Brasilien ist kein anderer südamerikanischer Staat dabei.

Auf Fünf-Jahressicht noch gute Renditen
Doch fünf Fonds halten sich eisern am Markt. Der größte ist mit einem Volumen von gut 770 Millionen Euro der Schroder ISF BRIC. Köchling geht auch nicht davon aus, dass die Sondervermögen in absehbarer Zeit geschlossen werden. "Die fünf verbliebenen BRIC-Fonds verwalten noch ein akzeptables Volumen, weil sie zum Teil auch ganz gut gelaufen sind", sagt Köchling. Immerhin hätten sie Anlegern in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt Renditen von sieben bis zehn Prozent gebracht. "Man muss aber auch bedenken, dass es sich bei vier Fonds um aktiv gemanagte Produkte handelt", erklärt Köchling. 

Zwar belief sich allein das Volumen der beiden Haupttranchen des Schroder ISF BRIC zu Spitzenzeiten auf über eine Milliarde Euro, inzwischen sind es nur noch 250 Millionen Euro. "Aber 250 Millionen Euro mit einer Managementgebühr von 1,5 Prozent – da wird keine Fondsgesellschaft über eine Schließung nachdenken", sagt Köchling. Dass neue Fonds aufgelegt werden, hält er indes für ausgeschlossen. "BRIC war eine tolle Story, aber sie ist komplett überholt", sagt Köchling. (am)


Einen ausführlichen Bericht zum Thema "20 Jahre BRIC-Fonds" lesen Sie in der neuen Ausgabe 4/2021 von FONDS professionell, die Abonnenten dieser Tage zugestellt wird.