Die Wiener Börse hat ein neues Zeichnungstool für kleinere und größere Privatanleger implementiert. Über Firstplace können sich Private noch vor dem ersten Börsenhandelstag Aktien, Anleihen oder Zertifikate sichern – was in vielen Fällen institutionellen Investoren vorbehalten ist.

Anleger können die Aufträge einfach über das Online-Depot einer der teilnehmenden Banken aufgeben. Bisher sind die Erste Group, Raiffeisen Bank International, Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Schelhammer Capital Bank und deren Online-Depot-Marke Dadat sowie die Wiener Privatbank an Bord. Nach Ende der Zeichnungsfrist teilt der Orderbuchmanager die Anteile zu. Börsengebühren fallen dabei nicht an.

Frankfurt hat das Angebot seit Langem
Firstplace spricht nicht nur das klassische Retail-Publikum an, sondern insbesondere auch semiinstitutionelle Anleger wie Family Offices und Vermögensverwalter, die auf diese Weise freier agieren können. An der Börse Frankfurt gibt es bereits seit vielen Jahren ein entsprechendes Tool unter dem Namen Directplace.

Bisher kamen österreichische Privatanleger bei Kapitalmaßnahmen wie Börsegängen (IPO) nur an Anteile, wenn sie Kunde einer Konsortialbank waren, die dann Anteile weitergab. Bei der Ausgabe neuer Wertpapiere beauftragen die Emittenten meist eine oder mehrere Banken, die die Aktien oder Anleihen größtenteils bei institutionellen Investoren platzieren.

Zugang nur zu Österreich-Listings
Das neue Angebot an der Wiener Börse fügt sich in einen Partizipations-Trend am Kapitalmarkt. Die Neobroker Freedom Finance und Robinhood konnten in den vergangenen Jahren hohes Wachstum erzielen, indem sie Anlegern Zugang zu internationalen IPOs verschafften. Allerdings gibt es beim Wiener Firstplace-Tool keine Kooperationen mit anderen Börsen. Eine Sprecherin betont, es handle sich rein um eine Infrastrukturdienstleistung der Vienna Stock Exchange zur Unterstützung der Zeichnungsphase bei einem Listing in Wien.

Als erstes Unternehmen kann die EPH Group eine Anleihe über Firstplace anbieten, die sich seit einigen Tagen in der Zeichnung befindet und die zum Aufbau eines Premium-Hotel-Angebotes verwendet werden soll. Ziel ist es, dass das Tool aber künftig vor allem für mehr Leben und Sichtbarkeit und eine bessere Anlegereinbeziehung bei Aktienemissionen in Wien sorgt, wie man hört. Die Technologie wurde von der Börse mit der Firma Novis entwickelt.

Staatsanleihen
Interessant ist momentan angesichts der steigenden Zinsen, ob die Kunden über das Tool auch Staatsanleihen angeboten bekommen. "Grundsätzlich ist Firstplace für alle Anlageklassen einsetzbar, nach Wunsch des Emittenten und seiner begleitenden Bankpartner", so die Sprecherin. (eml)