Anleger haben im ersten Halbjahr 2023 unter dem Strich 9,1 Milliarden Schweizer Franken (9,5 Mrd. Euro) von der strauchelnden Schweizer Fondsgesellschaft GAM abgezogen. Der Großteil davon entfiel mit 6,9 Milliarden Franken auf die Unternehmenssparte Fund Management Services, die an die irische Carne Group verkauft werden soll. Im Bereich Investment Management flossen 2,2 Milliarden Franken ab. Das insgesamt verwaltete Vermögen sank von 75 Milliarden Franken zu Jahresbeginn auf 68 Milliarden Franken.

GAM geriet nach einem Skandal um einen Fondsmanager ins Straucheln und steht vor der Übernahme durch die britische Investmentboutique Liontrust. Die Briten verlängerten jedoch nun einmal mehr die Frist an die GAM-Aktionäre für die Annahme der Kaufofferte, und zwar auf den 23. August. Liontrust hatte die ursprüngliche Annahmefrist, den 25. Juli, zunächst um drei Tage verlängert und dann auf den 4. August verschoben.

Frist zum dritten Mal verschoben
GAM-Aktionäre rund um die Investorengruppe "NewGAMe", die 9,6 Prozent der GAM-Anteilscheine hält, sperren sich gegen die Übernahme durch Liontrust. Die rebellischen Aktionäre haben einen eigenen Sanierungsplan für das angeschlagene Fondshaus vorgelegt. Die GAM-Führung hebt derweil in einer Mitteilung hervor, dass die einflussreiche Aktionärsberatungsgesellschaft ISS die Annahme des Liontrust-Angebots empfehle und die GAM-Anteilseigner gegen die Vorschläge von "NewGAMe" stimmen sollten.

Derweil verschlechtert sich die finanzielle Lage von GAM weiter. Den operativen Verlust für das erste Halbjahr 2023 beziffert GAM auf 22,5 Millionen Franken. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum waren es 15,4 Millionen Franken gewesen. Den Nettoverlust nach den IFRS-Bilanzregeln beziffern die Schweizer auf 71,2 Millionen Franken gegenüber 275,2 Millionen im Vorjahr.

Liquidität schwindet – wegen Bonuszahlungen
Die Liquiditätsreserven des Hauses schwinden damit weiter. Die flüssigen Mittel gibt das Haus per Ende Juni mit 83,6 Millionen Franken an. Zu Jahresbeginn waren es 137,9 Millionen gewesen und im Juni 2022 noch 171,1 Millionen Franken. Dieser Rückgang resultiere unter anderem aus dem operativen Verlust sowie den jährlichen Bonuszahlungen für das Jahr 2022, erläutert das Haus. Im Zuge der Kaufofferte hat Liontrust den Schweizern einen Kredit eingeräumt, den GAM im Juli auch in Anspruch genommen hat. (ert)