Die Fondsindustrie schwenkt nach dem empfindlichen Börsencrash von 2022 auf einen Sparkurs um. Dies zeigt eine Studie der Strategieberatung Strategy&, die zu der globalen Unternehmensberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC gehört. Bei der Schlankheits-Kur könne der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) einen Beitrag leisten, meinen die Consultants. Der Einsatz von generativer KI, wie das Sprachprogramm ChatGPT, könne die Kosten der Vermögensverwalter mittelfristig zwischen fünf und 15 Prozent senken, so die Experten von Strategy&.

"Nach den Boomjahren von 2019 bis 2021 beobachten wir derzeit eine angeschlagene und im Wandel begriffene Branche, die sich erst einmal neu orientieren muss", sagt Philipp Wackerbeck, Co-Studienautor sowie Partner und Leiter für den Bereich Finanzdienstleister bei Strategy&. So sanken 2022 weltweit die von Asset Managern verwalteten Vermögen im Schnitt um elf Prozent. Der Umsatz gab um 15 Prozent nach, die Gewinne fielen um 16 Prozent.

Gewinne sinken trotz steigender Volumen
Demgegenüber stiegen die Kosten, getrieben durch Lohndruck, regulatorische Anforderungen sowie Investitionen in Zukunftstechnologien. Das Aufwand-Ertrags-Verhältnis (Cost-Income-Ratio, CIR) verschlechterte sich von 62 Prozent im Jahr 2021 auf 66 Prozent im vergangenen Jahr. Die Asset Manager müssen also für einen Euro an Ertrag 66 Cent ausgeben. Als besonders besorgniserregend erachten die Berater, dass trotz der Erholung des Aktienmarkts im laufenden Jahr und einer Erholung von verwalteten Vermögen und Umsätzen die Gewinne weiterhin zurückgehen.

Demzufolge müssen Asset Manager genauer auf die Ausgaben schauen. "Viele Asset Manager greifen schon jetzt auf Sparmaßnahmen zurück, wie wir sie üblicherweise in Baisse-Phasen sehen, etwa Personalrückbau oder Outsourcing", sagt Wackerbeck. So kündigten zuletzt etwa Union Investment, der zentrale Fondsanbieter der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, oder Axa IM einen Stellenabbau an. "Neben diesem klassischen Repertoire bieten sich allerdings eine ganze Reihe weiterer Optionen an, die Vermögensverwalter jetzt in Betracht ziehen sollten", meint Wackerbeck.

Bis zu 1,9 Milliarden durch ChatGPT & Co. sparen
Potenzial sehen die Unternehmensberater etwa in der Straffung des Dienstleistungs- und Produktportfolios, in der Verschlankung von IT-Strukturen sowie in der Senkung der Immobilienkosten durch hybride Arbeitsmodelle. "In Zukunft wird außerdem generative KI eine immer wichtigere Rolle spielen und enorme Effizienzpotenziale ermöglichen", zeigt sich Wackerbeck überzeugt. Allein die deutschen Vermögensverwalter könnten zwischen 433 Millionen und 1,9 Milliarden Euro pro Jahr durch den Einsatz von ChatGPT & Co. einsparen.

Die größten Potenziale liegen den Beratern zufolge in den Bereichen Sales und Operations, in denen jeweils Effizienzgewinne von zehn bis 15 Prozent möglich seien. Für die Bereiche Portfolio Management und Business Management beziffert die Studie die Einsparmöglichkeiten auf fünf bis zehn Prozent. In der IT liegt die Bandbreite möglicher Kostenreduktionen zwischen fünf und 15 Prozent.

"KI ist nicht bloß ein Hype"
"Wer sich derzeit im Markt umhört, merkt schnell, dass generative KI nicht bloß ein Hype ist, sondern die Branche grundlegend verändern wird und dabei enorme Effizienzen freilegen kann", meint Utz Helmuth, Co-Studienautor und Managing Director bei Strategy& Schweiz. "Gleichzeitig kristallisiert sich heraus, dass generative KI in nächster Zeit nur im Zusammenspiel mit dem Menschen funktionieren kann, allein schon aus Gründen der Transparenz und wegen Compliance-Richtlinien, aber auch weil die KI derzeit noch zu fehleranfällig ist."

Um die vorhandenen Potenziale von KI zu heben, komme es in Zukunft vor allem darauf an, sie sinnvoll in die Organisationsstruktur zu integrieren, regulatorische Fragen zu berücksichtigen und die Mitarbeiter weiterzubilden, erläutert der Experte. "Außerdem braucht es die notwendige Cloud-Infrastruktur sowie eine hohe Datenqualität", ergänzt Helmuth. Wer diese Punkte jetzt angehe, könne sofort Erfolge ernten und habe "für die Zukunft einen enormen Hebel, um auch in schwierigen Zeiten wie aktuell gegen den Wettbewerb zu bestehen", so der Branchenkenner. (ert)