Unter den Anteilseignern von Aberdeen Asset Management und Standard Life wachsen Zweifel, dass die geplante Doppelspitze bei dem fusionierten Finanzdienstleister funktionieren wird. Dies berichtete die Wirtschaftszeitung "Financial Times" und beruft sich dabei auf mehrere Großaktionäre beider Unternehmen. Die Häuser hatten Anfang des Monats ein Zusammengehen angekündigt.

Standard Life übernimmt im Zuge der Transaktion Aberdeen für rund 3,8 Milliarden britische Pfund (4,4 Milliarden Euro). Mit der Transaktion soll einer der größten Fondsanbieter Europas entstehen. Zusammen verwalten die Häuser ein Vermögen von rund 660 Milliarden britischen Pfund (rund 760 Milliarden Euro). Die beiden börsennotierten Gesellschaften bringen eine Marktkapitalisierung von elf Milliarden Pfund aufs Parkett. Aberdeen-Chef Martin Gilbert und Standard-Life-Lenker Keith Skeoch sollen den neu geschmiedeten Konzern gemeinsam lenken.

"Sowas geht am Ende nie gut aus"
Doch dass dies lange gut geht, glauben offenbar nur wenige Beobachter. "Die Doppelspitzen-Struktur wird fundamental nicht funktionieren", zitiert die "Financial Times" einen der 20 größten Anteilseigner von Aberdeen, der anonym bleiben will. "Kein Marktteilnehmer, mit dem ich gesprochen habe, glaubt, dass das Sinn macht." Ein weiterer Anteilseigner fügte hinzu: "Hunderte Fallstudien zeigen, dass sowas am Ende nie gut ausgeht."

Die beiden Top-Manager sehen das natürlich anders. "Martin und ich haben Aberdeen und Standard Life über die Jahre zu Marktführern aufgebaut. Wir werden eine klare Führung und Stabilität in der gemeinsamen Organisation sicherstellen", sagte Skeoch. "Ich glaube wirklich, dass in dem fusionierten Konzern mehr als genug für uns beide zu tun sein wird", ergänzte Gilbert. Aberdeen erleidet seit Jahren Mittelabflüsse.

Eine Persönlichkeitsfrage
Schützenhilfe bekommen die beiden von einem anderen Großeigner. Das Schweizer Fondshaus Syz zählt zu den Top-20-Aktionären bei Aberdeen. "Mal funktionieren solche Doppelspitzen, mal nicht. Es kommt auf die beteiligten Personen an", sagte Mike Clements, Leiter europäische Aktien bei Syz, der "Financial Times".

Die Persönlichkeiten können kaum unterschiedlicher sein. So ist Gilbert ein wortgewandter, umtriebiger Manager. Skeoch hingegen gilt als zurückhaltend und ernsthaft. Beide kennen sich zwar offenbar seit Jahrzehnten und gehen gemeinsam Fischen. Die beiden Häuser betonen zwar, dass sich gerade die unterschiedlichen Persönlichkeiten sehr gut ergänzen würden. Die Zeitung zitiert aber einen Finanzwissenschaftler mit der Frage: "Glauben Sie, dass Martin auf Keith hört, wenn beide unterschiedlicher Meinung sind?"

Weiterer Doppelspitzen-Versuch
Neben Aberdeen und Standard Life planen auch Janus Capital und Henderson eine Fusion. Auch hier sollen die bisherigen Vorstandschefs das neue Haus gemeinsam steuern. So siedelt Janus-Chef Dick Weil dem Zeitungsbericht zufolge gerade von Denver nach London über. Weil und Henderson-Chef Andrew Formica haben sich offenbar erst sechs Monate vor den Fusionsgesprächen erstmals persönlich kennen gelernt. (ert)