Vor großen Erfolgsgeschichten steht oftmals das Scheitern. So auch beim Aufstieg der US-Gesellschaft Vanguard zum größten Anbieter von Publikumsfonds der Welt und Preisrevolutionär der Asset-Management-Industrie.

Gründer John Bogle hatte 1975 als junger Vorstandschef des Investmenthauses Wellington Management gerade eine Übernahme vermasselt und war gefeuert worden. Die neue Führung von Wellington erlaubte ihm zwar, eine neue Abteilung aufzubauen, nur durfte er keine Anlageentscheidungen treffen. So gründete er einen Fonds, der einfach die Wertentwicklung des US-Leitindex S&P widerspiegelte.

Aber noch eine andere Zutat trug dazu bei, dass nach schleppenden Anfangsjahren das Rezept von Bogle schließlich erfolgreich aufging: die Kosten. Denn bei Vanguard dürfen die Gebühreneinnahmen aus den Fonds nicht dauerhaft die operativen Kosten übersteigen. Die Eigner des Hauses haben schlichtweg kein Interesse an Gewinnen aus den Gebühreneinnahmen – denn die Eigentümer sind die Vanguard-Fonds selbst.

Verlockende Preisspirale
Jedes Jahr prüft das Haus, ob die Gebühreneinnahmen die angefallenen Kosten übersteigen – und passt die Preise gegebenenfalls an. Überschüsse werden den Fonds zurückerstattet. Die Anleger profitieren damit von dem Skaleneffekt. Denn je höher das verwaltete Vermögen eines Portfolios, desto geringer fallen die Fixkosten ins Gewicht. Die variablen Aufwendungen steigen nicht im gleichen Verhältnis wie das Volumen.

"Wir profitieren von dem Schwungrad-Effekt. Je mehr Geld wir einsammeln, desto weiter können wir die Kosten senken, was wiederum neue Anleger anlockt – und so weiter“, erläutert Nick Blake, Vanguard-Marketingchef für Europa. "Einen Teil der Überschüsse behalten wir aber zurück, um Investitionen in das Unternehmen und die Entwicklung tätigen zu können“, schränkt Blake ein. Seit Gründung seien die Fondsgebühren aber um 85 Prozent gefallen.

Ryanair der Finanzbranche
Der Asset Manager mit Sitz im Städtchen Malvern in Pennsylvania hat sich den Ruf als Preisbrecher erworben – und verfestigt ihn. So stellte Vanguard 2012 eine ganze Reihe seiner Indexfonds von Barometern des Anbieters MSCI auf günstigere Konkurrenten von FTSE und dem Center for Research in Security Prices der Universität Chicago um. Böse Zungen nennen Vanguard daher auch "die Ryanair der Finanzbranche“.

Trotz aller Unkenrufe: Das Haus ist zum führenden Publikumsfondsanbieter der Welt aufgestiegen. Ein Ende des Wachstums scheint nicht in Sicht. Das genossenschaftlich anmutende Konzept hat sogar Nachahmer gefunden. (ert)


Wer die Nachahmer des Vanguard-Konzepts sind und welche Asset Manager noch eine ungewöhnliche Eigentümerstruktur aufweisen, lesen Sie im neuen Heft 2/2017 von FONDS professionell, das dieser Tage den Abonnenten zugestellt wird..