Hunderttausende Österreicher müssen sich momentan Gedanken über eine neue Heimat für ihr Geld machen. Die UBS geht und – auffällig – ihre Schweizer Rivalin Credit Suisse (CS) gleich mit; die FIL Fondsbank (FFB) sagt ebenso adé wie die ING. Und Schelhammer & Schattera, die älteste noch existierende Privatbank des Landes, will sich mit der Capital Bank verschmelzen. Wenn man sich vor Augen hält, wie viele Banken allein in den vergangenen fünf Monaten ihren Abschied verkündet haben, ist das eine Menge für einen so kleinen Markt. FONDS professionell hat einen Überblick über die enorme Dynamik erstellt, der in voller Länger in der neuen Printausgabe erscheint.

Verdruss bei Kunden
Im Prinzip ist die Konsolidierung ja keine Überraschung – ein margen- und zinsschwaches, aber technisch und regulatorisch aufwendiges Umfeld zwingt weniger gut aufgestellte Anbieter zur Aufgabe. Wirklich spannend ist aber das Wie, Wann und Warum. Und diesbezüglich geht es hinter den Kulissen rund.

Erheblicher Verdruss hat sich zum Beispiel bei Kunden der Credit Suisse aufgebaut. Die Schweizer übertragen ihr österreichisches Private Banking nämlich nicht als solches einer anderen Bank, sondern haben mit der Liechtensteinischen Landesbank Österreich (LLB) eine Empfehlungsvereinbarung geschlossen. Zwar sei die LLB eine hervorragende Wahl, sagen alle, mit denen man spricht, aber dass die CS den Markt via "Referral Deal" verlässt, sorgt für Kopfschütteln. Denn die an einen sensiblen Umgang mit ihrem Vermögen gewöhnten Privatbankkunden fühlen sich ruppig vor die Tür gesetzt: Sie müssen sich einzeln um ein neues Konto und neue Verwaltungsverträge kümmern und in vielen Fällen den Berater wechseln. Dazu gesellt sich noch ein erheblicher Aufwand beim Vermögenstransfer: 

Kritik und Fragen vom Finanzamt
"Einige Kunden sind verzweifelt, denn im Grunde hat jeder Wechsel eine Meldung an das Finanzamt zur Folge. Da gibt’s bei einem hohen Anteil Rückfragen", sagt ein Private Banker, der nicht genannt werden möchte. Die Credit Suisse habe in Österreich jedes Vertrauen verspielt. Ein anderer Chef einer Privatbank sieht es ebenso: "Das ist kein Rückzug, das ist eine Kapitulation." Der Schritt sie viel früher geschehen als in der Branche erwartet und sei nicht optimal in einem Markt, der vom Vertrauen lebt. Ein CS-Sprecher hingegen verteidigt den Rückzug als "strategische Entscheidung mit einer klaren Vision, wie wir die verschiedenen von Credit Suisse Austria bedienten Kundensegmente ansprechen wollen". Was er damit meint: Ihre sehr vermögenden Kunden (Ultra-High-Net-Worth Individuals, UHNWIs) behält die CS und betreut sie künftig von Luxemburg aus. Nur von den High-Net-Worth Individuals (HNWIs), den "normalen" Private-Banking-Kunden, trennt sich die CS und empfiehlt sie an die LLB.

Diese österreichischen HNWIs sind bei globalen Anbietern mittlerweile unter die Wahrnehmbarkeitsschwelle gerutscht. Ein Beobachter aus einem ausländischen Konzern fasst die Sachlage so zusammen: Das Austro-Private-Banking sei für international agierende Großbanken so klein, dass hier weder ein Verlust schmerzt noch ein Gewinn ins Gewicht fällt. "UBS hätte das Geschäft auch bestehen lassen können. Aber es war auch klar, bei einer passenden Gelegenheit wird verkauft", so der Insider aus dem Ausland.

Dazu kommt noch ein weiterer interessanter Aspekt, der verdeutlicht, warum den  Schweizer Banken der Abschied hier recht leicht fällt: Auf das Onshore-Business sind sie nur begrenzt angewiesen. Österreichische Vermögen, die über die UBS Schweiz gebucht sind, sind "mindestens" so hoch wie jene, die direkt in Österreich betreut wurden, sagt der UBS-Kenner aus dem Ausland.

Abzug löst zwei Probleme
Für Institute mit wirklichem Österreich-Fokus löst der Abzug der Großbanken mit einem Schlag zwei Probleme. Erstens können sie darauf hoffen, dass vermögende Kunden einer neuen Logik folgen: Lieber das Geld einer österreichischen Bank anvertrauen, die hier nicht so einfach weg kann, als einem globalen Institut, bei dem es Fortbestandsrisiken gibt. Zweitens sind da die Mitarbeiter: "Die internationalen Privatbanken haben uns gar nicht so sehr bei den Kunden, sondern viel mehr bei den Gehältern wehgetan. Die haben einfach 30 Prozent mehr bezahlt", sagt der eingangs zitierte Private Banker. Es werde nun leichter sein, gute Seniors zu bekommen.

Dieselbe Rechnung macht Hermann Wonnebauer, Chef der Zürcher Kantonalbank Österreich (ZKB). "Wir haben bereits UBS-Kunden gewonnen und halten die Augen nach Mitarbeitern offen", sagt er. Wenn Betreuer von UBS und CS wechseln, könne man heuer in Wien und Salzburg schneller wachsen als geplant. Die ZKB ist mittlerweile die einzige Privatbank mit Schweizer Wurzeln in Österreich. Das Alleinstellungsmerkmal könnte ihr bei der Kundenakquise helfen. Im Private Banking gilt ein Schweizer Hintergrund immer noch als Türöffner, zumal die Mutter ZKB Zürich über ein heute global rares AAA-Rating verfügt.

Capital Bank: Neue Deals zu erwarten
Wenn es um Konsolidierung geht, kommt man in letzter Zeit um die Grazer Capital Bank nicht herum. Sie hat im Dezember die Depotkunden der Allianz Investment Bank übernommen (die Investmentbank befindet sich in Fusion mit der Allianz KAG). Und als die deutsche FFB heuer im März bekannt gab, sich nach nur acht Jahren aus Österreich zurückzuziehen, machte die Capital Bank beziehungsweise ihre Depotbank "Die Plattform" ebenfalls den Deal.

"Wir spüren, dass Covid-19 den Konsolidierungsprozess beschleunigt. Jetzt hat man eine gute Begründung, um Schritte zu setzen, die sich schon abgezeichnet haben", sagt Capital-Bank-Vorstand Constantin Veyder-Malberg. Sein zur Grawe-Bankengruppe gehörendes Haus registriere vermehrt Anfragen anderer Banken, die Services auslagern wollen, etwa im regulierungsintensiven Wertpapiergeschäft, bei der Depotfunktion oder in der Vermögensverwaltung. Man spreche mit Instituten, im kommenden Jahr werde es Ankündigungen geben. (eml)    


Der gesamte Artikel erscheint in der Printausgabe von FONDS professionell 2/2021, die Abonnenten dieser Tage zugestellt wird. Der Text ist auch im E-Magazin verfügbar. Unter anderem erklärt UBS-Österreich Niederlassungsleiter Klaus Zentner, wie das verbleibende Geschäft in Österreich aussieht.