Im ersten Halbjahr 2021 erholte sich die Gewinnsituation des österreichischen Bankensektors. Sowohl das operative Geschäft als auch die Risikokosten verbesserten sich deutlich. Das Wachstum der Unternehmenskredite hat sich im Verlauf dieses Jahres angesichts einer guten Liquiditätsausstattung der Unternehmen verlangsamt. Die ausgeprägte Preis- und Kreditdynamik auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt hielt hingegen unvermindert an. Das rückt die Einhaltung nachhaltiger Kreditvergabestandards in diesem Bereich verstärkt in den aufsichtlichen Fokus.

Der Erholungsprozess der österreichischen Wirtschaft hat sich im Herbst dieses Jahres fortgesetzt. In den kommenden Monaten ist jedoch angesichts der aktuellen Pandemieentwicklung sowie durch anhaltende Lieferengpässe eine Abschwächung zu erwarten."Die umfassenden geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems stellen weiterhin günstige Finanzierungsbedingungen sicher und unterstützen Realwirtschaft und Banken während der Pandemie", sagte Gouverneur Robert Holzmann anlässlich der Präsentation der 42. Ausgabe des Financial Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB).


Starke Dynamik bei Wohnimmobilienkrediten
Die starke Dynamik auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt hielt laut OeNB unvermindert an. Zum einen war der Anstieg der Wohnimmobilienpreise deutlich stärker als im Euroraum. Zum anderen expandierten die Wohnbaukredite an private Haushalte angesichts sehr günstiger Finanzierungsbedingungen und der anhaltenden Nachfrage nach Wohnraum weiterhin lebhaft. Deren Jahreswachstumsrate war im September 2021 mit 6,8 Prozent ebenfalls höher als im Euroraum. Noch immer sind nahezu 40 Prozent der neu vergebenen Wohnbaukredite an private Haushalte variabel verzinst, was für die betroffenen Haushalte Zinsänderungsrisiken birgt. In Bezug auf die ausgeprägte Kredit- und Preisdynamik im Wohnimmobiliensektor wird aus makroprudenzieller Sicht insbesondere das anhaltende Überschreiten der Kriterien für die nachhaltige Immobilienkreditvergabe des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) kritisch gesehen. "Besonderes Augenmerk muss auf die Nachhaltigkeit der Kreditvergabe insbesondere im Bereich der Immobilienfinanzierungen gelegt werden. In diesem Zusammenhang sind die Empfehlungen des FMSG einzuhalten", führte Vize-Gouverneur Gottfried Haber aus.

Geringe Anzahl an Kreditausfällen 
Aufgrund der durch umfangreiche öffentliche Maßnahmen unterstützten wirtschaftlichen Erholung und des anhaltenden Kreditwachstums erholte sich die Gewinnsituation des österreichischen Bankensektors laut den Zahlen der Nationalbank im ersten Halbjahr 2021 stark. Sowohl das operative Geschäft als auch die Risikokosten verbesserten sich deutlich und führten zu einer Vervierfachung des Gewinns (im Vergleich zum Vorjahr) auf 3,7 Milliarden Euro. Nach dem letztjährigen Gewinneinbruch liegen die Banken damit bereits nach sechs Monaten leicht über dem Gewinn des Gesamtjahrs 2020. Der kräftige Rückgang der Risikokosten ist durch die weiterhin sehr geringe Anzahl an Kreditausfällen begründet. Der Anteil notleidender Kredite lag Mitte 2021 bei nur 1,9 Prozent.

Vorlaufindikatoren deuten aber an, dass es künftig zu einer Verschlechterung der Kreditqualität aufgrund der Folgewirkungen der Pandemie kommen könnte. Die harte Kernkapitalquote liegt jedoch seit Ende 2020 stabil bei 16,1 Prozent, weshalb Stresstests der OeNB zeigen, dass der solide kapitalisierte österreichische Bankensektor auch für einen erneuten Wirtschaftseinbruch insgesamt gewappnet wäre und seine Finanzierungsfunktion für die Realwirtschaft erfüllen kann. (gp)