Im Zuge der Coronakrise hat die Bundesregierung die Antragspflicht für insolvente Unternehmen ausgesetzt. Die Ausnahmeregelung könnte ein weiteres Mal verlängert werden, fürchtet der Ökonom Gabriel Felbermayr. Er hält das für einen Fehler und spricht sich im Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" klar gegen einen solchen Schritt aus. Denn das Insolvenzrecht sei keine böse, kapitalistische Erfindung, sondern liefere wichtige Informationen. 

Im Geschäftsleben müsse man wissen, wie es um die Bonität von Kunden und Gesprächspartnern bestellt sei. "Wenn Sie schlicht nicht einschätzen können, ob oder wie zahlungsfähig er oder sie ist, werden Sie vorsichtig sein", so Felbermayr. Dadurch würden am Ende alle weniger Geschäft machen – auch diejenigen, die sonst gut durch die Krise gekommen wären.

Banken zeigen Verständnis
Dass die Zahl der Firmenzusammenbrüche bislang niedrig bleibt, lässt sich allerdings nur zum Teil mit der Ausnahmeregelung erklären. Denn diese greift nur für den Fall der Überschuldung – nicht für die Zahlungsunfähigkeit. Und da zeigen sich viele Banken derzeit noch kulant. "Wenn sie sehen, dass ein Unternehmen zwar in der Krise steckt, aber sein Geschäftsmodell nach dem Lockdown zukunftsfähig ist, werden sie in der derzeitigen Situation seinen Kredit nicht sofort fällig stellen", sagt Felbermayr. Die zunehmende Überschuldung sei da schon ein größeres Problem. "Sobald die Antragspflicht wieder greift, wird die Zahl der Insolvenzen steigen", ist der Ökonom daher überzeugt. (fp)