Die britische Investmentboutique Odey Asset Management steht augenscheinlich vor der Zerschlagung. Hintergrund sind Vorwürfe der sexuellen Belästigung, die mehrere Frauen gegen den Gründer und früheren Chef der Londoner Gesellschaft, Crispin Odey, vorgebracht hatten. Die Firma stehe "in fortgeschrittenen Gesprächen über die Auslagerung von Fonds" und die Übertragung "bestimmter Verwaltungsaktivitäten und Personen an andere Vermögensverwalter", heißt es in einer Mitteilung von Odey Asset Management.

Medienberichten zufolge sollen mehrere Großbanken, darunter Goldman Sachs und Morgan Stanley, ihre Geschäftsbeziehungen zu der Investmentboutique unter dem Eindruck der Vorwürfe gekappt haben. Zuletzt wollte sich der Wirtschaftszeitung "Financial Times" zufolge auch JP Morgan zurückziehen. Als Verwahrstelle ist dies aber ein schwieriger Schritt, denn ein Nachfolger muss gefunden werden. Die Geldhäuser wollten den Fall nicht kommentieren. Odey Asset Management betont zudem, in "konstruktiven Gesprächen" mit seinen Dienstleistern zu stehen.

Führung nach Verwarnung gefeuert
Angesichts der Rückzugswünsche entschloss sich die Führung von Odey Asset Management offenbar, die Reißleine zu ziehen. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe in einem Artikel der "FT" vergangene Woche, warf das Haus bereits über das Wochenende Odey als Haupteigner hinaus und ersetzte ihn bei den Fonds, bei denen er als Manager aktiv war. Der Hedgefonds-Star war mit seinen Wetten berühmt geworden und hatte 1991 seine eigene Boutique gegründet.

Bereits vor zwei Jahren war es zu einem Gerichtsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs gegen Odey gekommen. Dieser Fall endete mit einem Freispruch. In der Folge zog sich Odey jedoch aus der operativen Führung des Unternehmens zurück, das auch einen Teil der Produktpalette in Brook umbenannte. Zudem sprach die Gesellschaft ihrem Gründer gegenüber eine Verwarnung aus. Odey feuerte daraufhin die Führung der Gesellschaft. Der risikofreudige Manager und bekennende Brexit-Unterstützer bestreitet die Vorwürfe vehement.

Widerspruch gegen Rauswurf?
Nun scheint sich die heutige Führungsriege gegen ihren Gründer durchsetzen zu wollen. Odey deutete der "FT" gegenüber jedoch an, dass er sich gegen seinen Rauswurf wehren könnte. Angesichts der augenscheinlich anstehenden Auflösung von Odey Asset Management erscheint jedoch offen, welche Bedeutung so ein Schritt noch hätte. Eine Übertragung von Fonds, Managern und Geschäftsbereichen erfordert die Zustimmung der britischen Finanzaufsicht FCA. (ert)