Im Zuge der Kursturbulenzen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine schlugen sich Value-Titel vergleichsweise wacker. Das meint Werner Kolitsch, Länderchef für Deutschland und Österreich beim britischen Fondsanbieter M&G. Kolitsch übernahm zudem die Leitung der Geschäfte in der Schweiz – zunächst interimsweise. Im Interview mit FONDS professionell verrät der Vertriebsprofi zudem, wie die Briten die Präsenz in der deutschsprachigen Region ausbauen.


Herr Kolitsch, welche Themen stoßen bei Anlegern gerade auf Interesse – abgesehen von den Folgen des Ukraine-Kriegs?

Werner Kolitsch: Das Interesse an Value-Titeln erwacht. Die Bewertungen an den Märkten erreichten zum Teil Höchststände. Angesichts dieser Niveaus zeichnet sich eine Trendumkehr ab und eine Rotation in Richtung Value-Aktien bahnt sich an. Substanzaktien könnten sich als die beste Wahl herausstellen.

Die Value-Wende war schon öfter eingeläutet worden, gekommen ist sie nie.

Kolitsch: Nun scheint aber die Stunde für Value geschlagen zu haben. Die teuren Technologiewerte verzeichneten hohe Verluste. Value-Aktien konnten sich dem Abwärtstrend aufgrund des Ukraine-Konflikts entziehen und haben den Schwankungen der letzten Wochen standgehalten und sich gut entwickelt. Insbesondere in Europa widersetzten sie sich dem negativen Trend. Unser Haus war stets Value-orientiert. Wir haben unseren Stil nie geändert. Nun ist wieder unsere Zeit gekommen.

Welche weiteren Fragen tauchen im Vertrieb immer wieder auf?

Kolitsch: Ein weiteres beherrschendes Thema ist Nachhaltigkeit. Die Kunden suchen nach allen Bausteinen von ESG, also Investments, die Umwelt-, ethische Kriterien wie auch Fragen der guten Unternehmensführung beachten. Auf großes Interesse stoßen zudem Impact-Strategien, also Investments, die positive Veränderungen anstreben. Wir setzten dazu entweder eigens neue Fonds auf, widmen Strategien entsprechend um oder legen ESG-Versionen bestehender Produkte auf. So starteten wir eine ESG-Variante unseres Bestsellers M&G Optimal Income Fund.

Auf welche Quellen stützen sich die ESG-Einschätzungen der Portfoliomanager?

Kolitsch: Wir entwickelten ein eigenes Rating, das nachhaltige Aspekte abdeckt. Unser hauseigenes Research ist das Herzstück, das die ganze Maschine antreibt. Wir verschaffen uns ein eingehendes Bild darüber, welche Strategien die Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit verfolgen. Nur so können wir wirklich verstehen, wie nachhaltig ein Konzern agiert. Denn ein oberflächlicher Blick kann manchmal täuschen.

Nennen Sie bitte ein Beispiel.

Kolitsch: Die CO2-Bilanz eines Unternehmens allein ist nicht aussagekräftig. Hersteller von Dämmstoffen wie Rockwool weisen einen hohen CO2-Ausstoß auf. Doch mit ihren Produkten helfen sie, Energie einzusparen. Unterm Strich ist deren Nachhaltigkeitsbilanz also positiv.

M&G hatte konzernweit mehrere Jahre mit Mittelabzügen gerungen. 2021 wurden die Abzüge gestoppt. Wie sieht es in Deutschland und Österreich aus?

Kolitsch: Unternehmensweit konnten wir den negativen Trend brechen. Hier in der Region erweiterten wir über die vergangenen drei Jahre das institutionelle Geschäft und bauten dementsprechend das Vertriebsteam aus. Bei Spezialfonds und Mandaten verzeichnen wir starkes Wachstum. Wir konnten das verwaltete Vermögen nahezu verdoppeln. Das institutionelle Geschäft stellt daher eine gute Diversifikation zum Retail-Bereich dar. Für Profianleger gewinnen alternative Investments wie Immobilien, Infrastruktur oder Direct Lending immer mehr an Bedeutung. Für diese Bereiche bieten unsere Teams die entsprechenden Strategien.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)