Es ist eher selten, dass Anwälte ihr Mandat zurücklegen. Genau das ist bei der Veranlagungsfirma Kitzventure geschenen, gegen die bereits drei Verfahren anhängig sind. Laut einem Bericht von "Der Börsianer" hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck bestätigt, dass die beiden Anwaltskanzleien Petsche Pollak und Georges Leser das Mandat gekündigt haben. Wie FONDS professionell ONLINE erfuhr, haben sich zugleich auch die Berater von Greenberg Advisory zurückgezogen. Greenberg hatte Kitzventure in der Öffentlichkeit vertreten und gilt als Spezialist für Krisenfälle. Die Mandate dürften schon vor einiger Zeit zurückgelegt worden sein.

Von den Anwälten und Beratern ist nichts zu erfahren. Ihre Verschwiegenheitspflicht währt auch über das Ende der Zusammenarbeit hinaus. Dagegen ist in den Medien, wo der Unmut über Kitzventure hochschlägt, die Gesprächsbereitschaft umso größer.

Anwälte nicht informiert
Die Redaktion konnte folgenden Hintergrund in Erfahrung bringen: Kitzventure dürfte Geld für Werbeschaltungen ausgegeben haben, das es eigentlich nicht hatte, und zwar über Firmen, von denen die Anwälte nichts wussten. Aus einer österreichischen Tageszeitung erfuhr FONDS professionell ONLINE, dass es sich dabei um die Firma Global Business Development GmbH (GBD) gehandelt habe. Sie trat demnach als Rechnungsempfängerin auf. Hinter ihr steht gemäß einer Presseaussendung Ex-Kitzventure-Geschäftsführer Olaf Wittbrodt, der Kitzventure auf Druck der FMA im Frühjahr verlassen musste.

Unter Anwälten gilt die Vorenthaltung einer derart wesentlichen Information als absolutes No-Go. Mit einem solchen Wissen im Hintergrund müsste ein Verteidiger seine gesamte Strategie anders anlegen.

"Haben nicht auf Vorauskassa gepocht"
In Medien, mit denen die Redaktion sprach, klang der Verdacht an, Kitzventure habe Werbung gebucht bereits mit dem Vorsatz, nicht zu zahlen. Die Masche von Kitzventure, laut einem weiteren Insider: Man habe die Medien im "Jahresendstress" unter Druck gesetzt. Zu dieser Zeit wird versucht, noch einen guten Jahresabschluss zu erreichen, "da pocht man nicht unbedingt auf Vorauskassa", wie der Medienfachmann sagte.

Es seien bei quasi allen Tageszeitungen, TV- und Online-Medien, in denen Kitzventure – meist großflächig – inseriert hatte, die Rechnungen nicht bezahlt worden, so der Informant. Überall würden die Fälle bei den jeweiligen Rechtsabteilungen liegen. Ein anderer Experte spricht allein beim ORF von 460.000 Euro an offenen Kitzventure-Rechnungen. Ein ähnlicher Betrag war bereits vor Wochen vom Kurier kolportiert worden. Der Artikel dürfte laut Branchenkennern letztendlich den Mandatsrücktritt ins Rollen gebracht haben.

Liquidität in Frage
Kitzventure hatte in den vergangenen Monaten über seine Berater stets vermittelt, dass man an einer Lösung aller rechtlichen Probleme interessiert sei. Außerdem wurde in den Raum gestellt, dass man von den 100 Anlegern, die bereits mit insgesamt 200.000 Euro investiert waren, die Nachrangdarlehen wieder zurückkauft. Das Geld dürfte nicht vorhanden gewesen sein, denn gleichzeitig waren nach Medienberichten Bemühungen zu einer Kapitalaufstockung in Diskussion. Zweck und Höhe waren nicht bekannt.

Nachdem nun Schulden von hunderttausenden Euro wegen nicht bezahlter Rechnungen vorhanden sind, stellt sich die Frage der Liquidität des Unternehmens. Kitzventure stellte eine Stellungnahme erst für nächste Woche in Aussicht.

Drei Verfahren offen
Gegen Kitzventure sind drei Verfahren offen: Zum einen das zivilrechtliche Verfahren mit dem VKI, weiters das verwaltungsrechtliche Verfahren, das die FMA wegen irreführender Werbung angestrengt hat, drittens laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aufgrund einer Anzeige der FMA wegen des Verdachts des schweren Betruges. Dem Vernehmen nach könnten sich Medien dem Strafverfahren als Nebenkläger anschließen. Eine klare Bestätigung steht aber  aus. 

Die Sterne für Kitzventure haben auch nach einem Management-Wechsel im Frühjahr nicht unbedingt hell geleuchtet: Patrick Landrock hatte das Ruder übernommen. Er ist der ehemalige Geschäftsführer der beiden Pleiteunternehmen Getacom und Onsar­i. (eml)