Lloyd Fonds war einst ein großer Spieler im Markt der Beteiligungsmodelle. Doch mit neuen Eigentümern und frischem Management gelang in den Jahren seit 2018 die 180-Grad-Wende: Statt geschlossenen Schiffs- und Immobilienfonds bietet die mittlerweile als Laiqon firmierende Gesellschaft liquide Wertpapierinvestments an. Die Redaktion traf Achim Plate, der seit vier Jahren an der Spitze des Hamburger Unternehmens steht, zum Interview.


Herr Plate, Laiqon ist kein großer Asset Manager, unterhält dafür aber eine sehr umfangreiche Produktpalette: Sie bieten im Konzern sowohl klassische Publikumsfonds als auch die persönliche Vermögensverwaltung an, übernehmen Mandate für institutionelle Investoren und leisten sich mit LAIC einen Anbieter von KI-gesteuerten Anlagelösungen sowie mit Growney einen Robo-Advisor. Ist das für ein Unternehmen dieser Größe nicht ein bisschen viel der Komplexität?

Achim Plate: Nein, denn am Ende steckt dahinter immer dieselbe Dienstleistung: Wir verwalten das Geld unserer Kunden gemäß ihren Wünschen mit Blick auf Performance, Risiko und Nachhaltigkeitsaspekte. Das verbindende Element im Hintergrund ist unsere "Digital Asset Plattform 4.0", kurz DAP 4.0. Darüber wickeln wir das gesamte Geschäft ab, unabhängig von der rechtlichen Hülle, die ein Fonds, ein Mandat oder ein individuell gemanagtes Portfolio sein kann. Zu komplex wäre das Geschäftsmodell nur, wenn wir diese Plattform nicht hätten. Hinzu kommt, dass wir uns im Wesentlichen auf das B2B2C-Geschäft konzentrieren, was die Komplexität ebenfalls reduziert. Wir betreuen aktuell etwa 2.500 Endkunden in der individuellen Vermögensverwaltung direkt, hinzu kommen rund 15.000 Kunden von Growney. Alles andere läuft über Vertriebspartner.

Wie wichtig ist welches Geschäftsfeld?

Plate: Das größte Segment ist aktuell das Asset Management mit den gut zwei Dutzend Publikumsfonds und rund 50 Spezialmandaten. Dieser Bereich, in dem wir in Summe rund 4,1 Milliarden Euro verwalten, wird in den kommenden Jahren deutlich wachsen, davon bin ich überzeugt. Zweitgrößtes Segment ist das Wealth Management, also die klassische individuelle Vermögensverwaltung, mit 1,5 Milliarden Euro. Das ist ein sehr ruhiges, stabiles und darum für den Gesamtkonzern wichtiges Geschäft. Deutlich wachstumsträchtiger ist aber die Sparte Digital Wealth, zu der unsere Tochtergesellschaft LAIC gehört. Deren Technologie erlaubt es dank künstlicher Intelligenz, sehr effizient individualisierte Anlagelösungen umzusetzen. Momentan betreut das Digital-Wealth-Segment 0,5 Milliarden Euro, aber es hat das Potenzial, die anderen zu überholen. Für das Jahr 2028 rechnen wir alleine für LAIC mit einem verwalteten Vermögen von 5,5 bis 6,5 Milliarden Euro. Wir haben viel in LAIC investiert – künftig wird dieser Bereich der Wachstums- und Bewertungstreiber des gesamten Konzerns sein.
 

"Wir verstehen es wirklich als Auszeichnung, dass Union Investment uns als Kooperationspartner ausgewählt hat."


Was macht Sie so zuversichtlich?

Plate: Besonderes Potenzial liegt in den White-Label-Partnerschaften.

Sie spielen auf Ihre Kooperation mit Union Investment in Deutschland an?

Plate: Das ist aktuell sicherlich das wichtigste Projekt. Wir verstehen es wirklich als Auszeichnung, dass Union Investment uns als Kooperationspartner ausgewählt hat.

Vorgesehen ist "die gemeinsame Auflage einer neuartigen fondsbasierten individuellen Vermögensverwaltung" für den deutschen Markt, heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung. Die Finanzportfolioverwaltung soll an die KI des LAIC Advisor ausgelagert werden. Können Sie einem Laien erklären, was Ihre KI tut?

Plate: Grundlage ist ein eigenes Datenuniversum, das wir über die vergangenen Jahre aufgebaut haben. Ohne dies wäre kein sinnvoller KI-Einsatz möglich. Unsere Daten zu Unternehmen, Aktien, Fonds und makroökonomischen Kennzahlen reichen teils über 30 Jahre zurück. Unsere KI nutzt sogenannte Bayesianische Neuronale Netze, um diese Daten selbstlernend zu analysieren. Im Ergebnis wird aus historischen Daten die künftige Entwicklung prognostiziert, verbunden mit einer Wahrscheinlichkeitsaussage. Sprich: Die KI sagt uns, wie überzeugt sie ist, dass die Vorhersage tatsächlich eintrifft.

Und das funktioniert?

Plate: Auf Sicht von 30 bis 90 Tagen liefert unsere KI sehr gute Prognosen. Wir halten das natürlich nach. Zum einen schauen wir, ob die vorhergesagte Entwicklung wirklich eingetreten ist. Zum anderen analysieren wir, welchen Zusammenhang es mit der Wahrscheinlichkeitsaussage gibt. Dabei zeigt sich, dass die beste Performance tatsächlich dann erreicht wird, wenn wir die Empfehlungen mit der höchsten Konfidenz umsetzen.

Wie wird aus den Empfehlungen der KI dann ein Kundendepot? Über eine klassische Portfoliooptimierung?

Plate: Die Portfoliooptimierung ist kein separater Baustein, sondern fester Bestandteil des LAIC Advisor. Unser "Optimizer" baut die Depots aus den Empfehlungen der KI unter Berücksichtigung der Nebenbedingungen, also basierend auf den Aussagen der Endkunden zu Anlagezielen und -horizont, zu ihrem Risikoprofil und ihren Nachhaltigkeitspräferenzen.
 

"Dass zwei Anleger das identische Fondsportfolio haben, ist höchst unwahrscheinlich."


Zurück zu Ihrem Projekt mit Union Investment, das im vierten Quartal in einem gemeinsamen Produkt münden und dann deutschlandweit in den Volks- und Raiffeisenbanken ausgerollt werden soll: Wie sieht die Arbeitsteilung aus?

Plate: Union Investment möchte diese Form der Vermögensverwaltung den Banken der genossenschaftlichen Finanzgruppe in Deutschland für das gehobene Privatkundensegment anbieten. Die Anleger sollen gemeinsam mit ihrem Berater zahlreiche Wahlmöglichkeiten haben. Ergebnis ist ein auf die persönlichen Präferenzen zugeschnittenes Depot, das bei Union Investment geführt und mit Fonds mehrerer Anbieter bestückt wird. Jedes Depot wird wirklich individuell ausgestaltet sein. Dass zwei Anleger das identische Fondsportfolio haben, ist höchst unwahrscheinlich – ganz anders als bei den aktuell häufig verwendeten Modellen der standardisierten Vermögensverwaltung, bei denen bloß drei bis fünf Ausprägungen für unterschiedliche Risikoprofile üblich sind. Solche kundenindividuellen Depots sind nur mit KI möglich, mit menschlichen Portfoliomanagern wäre das viel zu teuer. Endkunden legen immer mehr Wert auf Individualisierung, nicht nur, aber auch bei der Geldanlage. Wir sehen die KI-Nutzerzentrierung als Megatrend unserer Branche.

Die eigentliche Finanzportfolioverwaltung durch Ihre KI macht nur einen Teil des neuen Produkts aus. Welche weiteren Aufgaben soll Laiqon übernehmen?

Plate: Vorgesehen ist, auch für Teile der digitalen Abschlussstrecke, also das Onboarding, unsere Plattform zu nutzen. Außerdem unterstützen wir Union Investment beim Reporting. Weil wie erwähnt jedes einzelne Depot anders aussieht, unterscheidet sich beispielsweise auch der Quartalsbericht von Kunde zu Kunde. Wir werden unsere IT eng mit der Beratungssoftware der Genossenschaftsbanken verzahnen, damit das funktioniert.
 

"Quant-Computing ist für uns nur Mittel zum Zweck."


Kundenindividuell heißt mit Blick auf das Berichtswesen auch, dass jeder Anleger seine eigenen Anlagerichtlinien im Vertrag stehen haben wird, oder?

Plate: In der Tat. Noch während die Beratung in der Volks- und Raiffeisenbank läuft, wird die Software im Hintergrund fast in Echtzeit einen kompletten Vermögensverwaltungsvertrag erstellen. Das ist durchaus eine IT-technische Herausforderung, von der Berater und Kunde im besten Fall aber gar nichts mitbekommen. Kooperationen wie die mit Union Investment haben übrigens zur Folge, dass wir uns ernsthaft mit Quant-Computing beschäftigen.

Mit Quantencomputern?

Plate: Ja, aktuell fassen wir die Umstellung für 2025 ins Auge. Der Grund ist schlicht, dass die Berechnungen, die unsere KI ausführt, sonst zu lange dauern würden, wenn die Entwicklung unseres Unternehmens wie erwartet anhält. Nur eine gute Rechenleistung macht KI massentauglich. Bald wird das nur noch Quantencomputern möglich sein. Damit Sie das nicht falsch verstehen: Quant-Computing ist für uns nur Mittel zum Zweck. Der bleibt unverändert wie anfangs schon erwähnt: Wir verwalten das Geld unserer Kunden gemäß ihren Wünschen mit Blick auf Performance, Risiko und Nachhaltigkeitsaspekte.

Vielen Dank für das Gespräch. (bm)