Mitte der 1990er, als sich die meisten Österreicher noch fragten, was das mit dem Internet eigentlich soll, war Peter Augustin bereits klar, dass bald jeder einen Provider brauchen würde. Er gründete Inode mit, das zum größten privaten Austro-Internetanbieter avancierte und später verkauft wurde. Knapp 30 Jahre danach erinnere ihn der Aufstieg von Blockchain- und Kryptotechnologien an die Web-Anfänge, sagt Augustin. Mit der Idee eines Fonds, der in aussichtsreiche Blockchain-Anwendungen investiert, klopfte er beim Wiener Venture-Capital-Spezialisten Berthold Baurek-Karlic, Geschäftsführer von Venionaire Capital, an. "Es gibt heute so extrem viele Parallelen. Irgendwann hab ich mir gedacht: Das ist genau mein Geschäft von damals. Wenn ich das liegen lasse, werde ich es bereuen", so Augustin im Interview, das in voller Länge in der aktuellen Printausgabe von FONDS professionell erscheint.

Heuer erhielt der Tigris Web3, ein geschlossener Fonds für professionelle Anleger, die mindestens 100.000 Euro investieren, grünes Licht von der österreichischen Finanzmarktaufsicht. Es ist der erste in Österreich zugelassene Fonds (AIF), der rein in Kryptoassets investiert.

Rückkehr der dezentralen Grundidee
Web3 – also blockchainbasierte Verfahren – werde die "dezentrale Grundidee" zurückbringen, mit der das Internet gestartet war, so Augustin. Zu Beginn habe die Digitalisierung "weltweit gleichmäßig verteilt" stattgefunden. Dieses Konzept wurde aber von der Web2-Phase und der Dominanz der US-Tech-Giganten abgelöst, deren auf Datenkonzentration basierende Geschäftsmodelle Augustin im Gespräch kritisiert. "Momentan lädt man seine digitale Identität im Silicon Valley ab. Die analysieren das und verkaufen die Profile. Mit Blockchain-Anwendungen kommt man da raus", so Augustin. Ob Blockchain den großen Tech-Firmen wie Facebook, Google, Amazon und Co. gefährlich wird, werde der Markt entscheiden. "Ich könnte mir vorstellen, dass einige lieber ihre Daten selber besitzen", so Augustin.

Web2 habe in Europa praktisch nicht mehr stattgefunden. Was die Blockchain betrifft, gebe es aber am Kontinent sehr gute Programmierer. "Sofern sich Europa nicht komplett dumm anstellt, können wir uns da einiges zurückholen", so Augustin.

Web3 auf dem Vormarsch
Nutzer können zum Beispiel dank der Blockchain-Alternativen entscheiden, ob sie in der Virtual-Reality-Welt "Metaverse" 50 Prozent für Transaktionen an Facebook zahlen, oder ob sie sich im tschechisch-österreichischen "Neos-Meta­verse" mit einem aus der Community geschaffenen Raum ohne Transaktionskosten bewegen, wie Venionaire-Capital-Geschäftsführer Baurek-Karlic erklärt. Venionaire managt den neuen Fonds. "Alles, was Sie aus dem Web2 kennen, bauen Programmierer aktiv schon im Web3", so Baurek-Karlic.

Bekannte Kryptowährungen wie der Marktführer Bitcoin spielen für die Fondsinvestments keine Rolle. "Die alten Blockchains wie bei Bitcoin, die stark auf Rechenleistung, den 'Proof of Work', aufbauen, sind ökologisch schlecht, langsam und für die tägliche Nutzung unbrauchbar. Für Transaktionen gibt es aber mittlerweile sehr schnelle Protokolle wie Solana oder Avalanche. Und eine Welt, die wir uns besonders genau ansehen, ist Cosmos. Jede Blockchain, die auf Cosmos gebaut wird, ist miteinander direkt operabel, schnell und kostengünstig", so Baurek-Karlic.

Langer Horizont – Kaum Auswirkungen durch Kurseinbrüche
Dass es bis zur Marktreife diverser Anwendungen noch viele Änderungen geben wird, etwa bei der Vorrangstellung der einen oder anderen Blockchain, sieht das Management nicht als Hindernis. "Wir investieren in den technologischen Wandel. Bis der vollzogen ist, wird es dauern. Da sehen wir einen Zehnjahreshorizont", sagt Augustin. Dass neben der Blockchain andere disruptive Technologien auftauchen, die die Kryptowelt obsolet machen, sieht Augustin momentan nicht. "Ganz ehrlich, das ist für mich momentan der größte Elefant im Raum. Es findet auch schon global statt. Blockchain kann praktisch alles. Unser ganzes Geschäftsleben basiert ja auf Transaktionen. Eines Tages wird eine Bank auf einer Blockchain laufen. Ich glaube, dass das kommt", sagt der Fondsinitiator.

Die aktuellen Kursturbulenzen am Kryptomarkt haben auf den Fonds bisher kaum Auswirkungen, wie es auf Nachfrage der Redaktion heißt. "Der Tigris Web3 Fonds ist von den aktuellen Kurseinbrüchen kaum betroffen, da das Fondsmanagement im Aufbau des Portfolios erst am Anfang stand und nahezu alle Positionen abgesichert hatte", so Baurek-Karlic. Selbst wenn der Fonds bereits voll investiert gewesen wäre, hätte es aufgrund der implementierten Risikostrategie keine Nachteile, sondern eher Gewinne gegeben, heißt es. Die ausgeweiteten Spreads und die Bewertungsunterschiede auf verschiedenen Börsen hätten "vermutlich sogar zusätzliches Ertragspotenzial (etwa für unsere Arbitrage-Strategien) geboten", so Baurek-Karlic. Man sei im Fonds besser diversifiziert und damit abgesichert gegen einen Crash als mit einzelnen Long-only-Positionen. (eml)


Das gesamte Interview lesen Sie in der Printausgabe 2/2022 von FONDS professionell oder im E-Magazin. Darin liefern Baurek-Karlic und Augustin Beispiele für Blockchain-Anwendungen und erklären, wie das Fondsportfolio über Smart Contracts ausbalanciert wird und dass es eine hohe Anfragenquote von Privatbanken gibt.