Kim Hammonds weht im Moment der Gegenwind in Sturmstärke ins Gesicht. Der Grund:  Die IT-Chefin der Deutschen Bank hat sich auf einer intrnen Führungskräftetagung ungewohnt kritisch über ihren Arbeitgeber geäußert – vor allem, was die hharttnäckigen EDV-Probleeme betrifft. Die US-Amerikanerin habe das Geldinstitut als "most disfunctional company" bezeichnet, in dem sie jemals gearbeitet hat, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) auf Basis von Ohrenzeugenberichten schreibt. In dem Kontext heißt das so viel wie die "unfähigste" und "unorganisierteste" Firma. Oder umgangssprachlich ausgedrückt: Eine schlimmere Bruchbude habe Hammonds noch nicht gesehen, so die FAZ.

Die Deutsche Bank hat den nicht dementiert, dass Hammond sich dementsprechend geäußert habe. "Kein Kommentar", sagte ein Sprecher der FAZ. Die Reaktionen seitens der anderen Deutschbanker heftiger gewesen: Hammonds wurde dem Vernehmen nach sogar ganz direkt gefragt, warum sie denn nicht zurücktrete, wenn die IT-Schwierigkeiten so drängend seien. Schließlich sei doch die Führungsspitze, zu der sie gehöre, für den Zustand verantwortlich.

"Nur" noch 32 Betriebssysteme
Allerdings steht Hammond mit ihrer deutlichen Kritik zumindest in Teilen nicht allein da. Deutsche-Bank-Chef John Cryan hatte die IT des Geldinstituts schon vor drei Jahren als "lausig" bezeichnet. So stammten einige Programmcodes für Teile der zentralen IT-Kerne bei der Deutschen Bank bis vor Kurzem beispielsweise noch aus den 1970er-Jahren – und wurden bis dato noch immer benutzt. Sicher auch wegen der Deutschen Bank hatte die Finanzaufsicht Bafin die ihr unterstellten Geldinstitute aufgefordert, ihre Datenverarbeitungssysteme schleunigst nachzurüsten.

In einem Interview mit dem Handelsblatt umschiffte die Amerikanerin, die zuvor bei Ford und Boeing war, geschickt die Frage nach ihren Äußerungen. Sie bestätigte aber indirekt den Zustand der eigenen Banken-IT – wenngleich sie natürlich die Fortschritte betont. So haben sie und Ihr Team die Zahl der Betriebssysteme von 45 auf 32 (!!) reduziert. "Und auch die Zahl der Abgleiche zwischen den Systemen haben wir deutlich gesenkt: Wir mussten seltener manuell eingreifen, und die Systeme arbeiten schneller und präziser", verkündet Hammonds im Handelsblatt-Gespräch nicht ohne Stolz.

Fintech-Kooperationen könnten helfen
Allerdings gibt sie weiter zu, dass andere Banken bei der Digitalisierung wesentlich weiter sind. Um aufzuholen und den Abstand zu verringern, habe die immer noch größte deutsche Bank seit 2015 mehr als 4.500 IT-Experten eingestellt. Zudem kooperiere man mit führenden Technologieunternehmen. Auch mit diversen Fintechs sei man in Kontakt: "Unsere Innovationslabore in Berlin, London, New York und im Silicon Valley halten Augen und Ohren für uns offen, um neue Technologien zu entdecken und für unsere Geschäftsbereiche zu nutzen. Sie machen es auch einfacher für die Fintechs, mit der Bank zusammenzuarbeiten. Wir haben uns in den vergangenen zwei Jahren mit mehr als 1 700 von ihnen getroffen, um auszuloten, ob wir deren Technologien nutzen können", sagte sie dem Handelsblatt. (jb)