Britische Finanzvermittler, Vermögensverwalter und Berater für institutionelle Investoren raten derzeit ihren Kunden ab, Geld in Fonds von Aberdeen Asset Management oder Standard Life Investments zu stecken. Dies berichtet die Wirtschaftszeitung "Financial Times". Grund für die Skepsis ist der geplante Zusammenschluss der beiden Fondsanbieter zu einem der größten unabhängigen Asset Manager Europas. Die Berater fürchten, dass im Zuge der Fusion Portfoliomanager abspringen.

Der schottische Finanzkonzern Standard Life hatte angekündigt, das ebenfalls schottische Haus Aberdeen für rund 3,8 Milliarden britische Pfund (4,4 Milliarden Euro) zu übernehmen. Zusammen verwalten die Häuser ein Vermögen von rund 660 Milliarden britischen Pfund (rund 760 Milliarden Euro). Die beiden börsennotierten Gesellschaften bringen eine Marktkapitalisierung von elf Milliarden Pfund aufs Parkett. Dieses Gewicht soll dem neuen Konzern die nötige Schlagkraft verleihen, um im härter werdenden Konkurrenzkampf zu bestehen (FONDS professionell ONLINE berichtete).

Bis sich der Staub legt
Der Zusammenschluss soll Skalen-Effekte einbringen und Synergien heben. Analysten gehen davon aus, dass in den Abteilungen IT, Backoffice und auch im Vertrieb nach dem Zusammenschluss massiv Stellen eingespart werden könnten. Die Schätzungen für einen Stellenabbau reichen auf bis zu 1.000 von derzeit rund 9.000 Mitarbeitern. Doch die Unruhe einer Übernahme kann auch Top-Fondsmanager dazu bringen, sich eine neue Stelle zu suchen. So kündigte nur wenige Tage nach der Veröffentlichung der Fusionspläne der Aktienchef von Standard Life, David Cumming, nach rund 18 Jahren das Haus.

"Wir empfehlen Kunden derzeit keine Investments bei Aberdeen und Standard Life", sagte Nathan Gelber, Chefstratege von Stamford, der "Financial Times". "Die Ungewissheit ist zu groß. Wir warten, bis sich der Staub legt." Stamford berät institutionelle Anleger bei der Managerauswahl. "Es besteht einfach keine Notwendigkeit, in einer unsicheren Zeit in Fonds von Aberdeen und Standard Life investiert zu sein, wenn die Fondsmanager ihren Fokus eher auf die Sicherheit ihres Jobs legen als darauf, Geld zu verwalten", ergänzt Martin Bamford, Geschäftsführer der unabhängigen Finanzberatung Informed Choice.

Treue schwindet
Die Befürchtung, dass Fondsmanager abspringen, ist nicht von der Hand zu weisen. So hatten zwei Portfolio-Lenker von Pioneer nach der gescheiterten Fusion mit Santander Asset Management eine eigene Fondsboutique aufmachen wollen. Die beiden Manager am irischen Pioneer-Standort verschwiegen jedoch ihr Vorhaben und wollten Kunden zu ihrer Neugründung locken. Daher zog Pioneer sie in Dublin vor Gericht.

Ein Standard-Life-Sprecher sagte der "Financial Times", dass sein Haus weiter auf die Bedürfnisse der Kunden eingehe. Ein Aberdeen-Sprecher ergänzte, dass die Rückmeldungen der Kunden bislang positiv seien. Es sei aber verständlich, dass viele abwarten, bis weitere Informationen vorlägen. Diese sollen zu gegebener Zeit veröffentlicht werden. (ert)