Mehrere Wochen nach einer umfassenden Kritik konkretisiert der britische Hedgefonds Petrus Advisers des Österreichers Klaus Umek seine Vorwürfe am Management der Bawag. Die Bank habe etwa seit dem IPO (Börsegang) im Jahr 2017 rund ein Viertel – nämlich 600.000 – ihrer Kunden verloren. Aufgrund von Zugewinnen kam es laut den Angaben netto zu einer Abnahme um 400.000 Kunden. Die Bawag antwortete auf Anfrage der Redaktion, man bitte um Verständnis, dass man die Aussagen nicht kommentiere. Petrus Advisers hat gegenüber der Bawag Short-Positionen aufgebaut, profitiert also von fallenden Kursen der Bank.

Beanstandet wird auch das Kreditportfolio, das aus Sicht von Petrus Advisers risikobehaftet sei. Die kommerziellen Immobilienkredite und Unternehmenskredite der Bawag würden in erster Linie an Finanzinvestoren wie Lonestar, Starwood oder Blackstone gehen, wobei die Bank jeweils hohe Einzel-Exposures eingehe, darunter auch auf Märkten, in denen die Bank selbst nicht aktiv ist. Nicht nachvollziehbar sei diesbezüglich, dass die Bank im Corporate-Bereich keine Risikokosten angesetzt habe, während vergleichbare Banken um die 100 Basispunkte anführen würden.

Konsumkredite und Kredite an das Management
Auch gehe die Bawag vermehrt in Konsumkredite, heißt es. Seit 2019 sei der Anteil der Konsumkredite am Gesamtbestand von 14 auf 18 Prozent gestiegen. Aus der umfassenden Kritik geht weiter hervor, dass man eine Ausweitung von Zahlungsfristen beobachte. Dies könne dazu beitragen, "technische" Einlagen zu schaffen. Außerdem würde die Bank acht Mal höhere Kredite an das Management vergeben als im europäischen Schnitt. Die Summen stünden nicht im Verhältnis zu den Einlagen des Managements bei der Bank. Erneut wurde auf die im Branchenvergleich sehr hohen Vergütungen des Managements hingewiesen.

Petrus hatte bereits Ende Juni in einer öffentlichen Präsentation und in einem Brief an die Europäische Zentralbank (EZB) Kritik an der Bawag geäußert und nicht nur über Marktanteilsverluste und eine vergleichsweise schlechte Finanzierungsstruktur mit einem Kredit-Einlagen-Verhältnis von 109 Prozent geklagt. Die Rede war auch von zu hohen Vergütungen des Managements, das sich seit dem IPO 200 Millionen Euro ausbezahlt habe. Die Bank wies die Vorwürfe damals zurück. Sie bezeichnete die Anschuldigungen als "inkonsistent, aus dem Zusammenhang gerissen und irreführend" und verwies auf die Short-Position des Hedgefonds. Petrus Advisers zählte nach eigenen Angaben mit bis zu drei Prozent als Aktionär, baute aber laut den Angaben aus dem Juni eine Short-Position auf. (eml)