Der Kurseinbruch an den Börsen ließ die Einnahmen der Fondsanbieter erodieren. Die Inflation treibe zusätzlich die Kosten hoch, meint Christian Staub, der bei Fidelity International den Vertrieb in Kontinentaleuropa leitet. Das ziehe Folgen für die Branche nach sich. Die Asset Manager müssen sich anpassen – auch sein Haus. Wie genau, erläutert Staub im Interview mit FONDS professionell.


Herr Staub, nach Jahren des Wachstums stehen der Fondsbranche schwierigere Zeiten bevor. Wie geht Ihr Haus damit um?

Christian Staub: Zum einen müssen wir unseren Kunden die passenden Produkte für dieses Umfeld bieten. Dazu müssen wir unser Angebot erweitern. Neben die klassischen Anlageklassen treten alternative Ansätze, etwa Privatmarktinvestments. Weiterhin müssen wir Zusatzdienste bieten, um weitere Kundengelder einzuwerben. Neben dem reinen Verkauf von Publikumsfonds tritt die Vermarktung einzelner Dienstleistungen. Das kann etwa der Vertrieb von Musterportfolios oder Risikomanagement-Diensten sein. Zum anderen werden wir auf technologischer und auf der Personalseite Wege finden müssen, um Skaleneffekte zu erzielen. Da steht die Kostenkontrolle im Fokus.

Heißt das, Sie planen auch Entlassungen?

Staub: In der Fondsbranche haben bereits einige Häuser Entlassungswellen losgetreten. Gerade in diesen schwierigen Zeiten wollen wir eher Talente an Bord halten und sogar fähige Mitarbeiter hinzugewinnen. Aber natürlich passen auch wir uns an. Wir benötigen andere Fähigkeiten als früher. Manche Jobprofile werden verschwinden, dafür neue hinzukommen.

Etwa im Digitalen?

Staub: Nicht nur da. Ich denke auch an Organisationsstrukturen. Viele Asset Manager, auch Fidelity, zeichneten sich durch ein Generalisten-Vertriebssystem aus, das auf den Mantel des Fonds zugeschnitten war. Wir hatten über viele Länder verteilt Mitarbeiter, die unsere Vertriebspartner über alle Anlagestrategien hinweg berieten. Wenn wir unser Angebot jedoch ausweiten und zudem auch nur einzelne Dienstleistungen verkaufen, wird es für die einzelnen Mitarbeiter immer schwieriger, das gesamte Produkt- und Dienstleistungsangebot überschauen zu können.


Wie die Fondsgesellschaft Fidelity International mit dem anhaltenden Druck auf die Fondsgebühren und steigenden Kosten umgehen will, lesen Sie in der Langversion des Interviews mit Christian Staub in der neuen Ausgabe 3/2023 von FONDS professionell.


Wie wollen Sie die Vertriebsstruktur ändern?

Staub: Neben den Generalisten haben wir in den vergangenen Jahren ein Spezialisten-Team aufgestellt. Die Vertriebsgeneralisten werden immer mehr zu Moderatoren. Ihnen wird der Druck genommen, immer für alles eine Antwort parat haben zu müssen. Dafür stellen sie dann die Kontakte zu den Spezialisten her und können so relevantere Diskussionen mit den Kunden führen.

Welche Rolle nimmt Nachhaltigkeit in den Gesprächen mit Ihren Kunden ein?

Staub: Eine sehr große. Wir verfügen über den Vorteil, dass wir eine der weltweit größten Research-Plattformen aufgebaut haben. Wir haben viel Geld investiert, um diese auch auf Nachhaltigkeit auszurichten. Wir erstellen unsere eigenen, zukunftsgerichteten Ratings. Das ist konsequent, aber nicht trivial, denn wir setzen ja nicht nur auf Ausschlusskriterien, sondern haben ESG im gesamten Anlageprozess integriert. Außerdem schauen wir immer auch in die Zukunft. Wir treten in den Dialog mit den Unternehmen, um Einfluss zu nehmen. Dabei müssen wir jedoch bis ins Detail messbare Kriterien anlegen, ob Erfolge erzielt wurden. Wir haben mit unserem internen Rating ein Instrument aufgebaut, das einer regulatorischen Analyse gut standhalten würde.

Wie groß ist Ihr Angebot nachhaltiger Fonds?

Staub: Wir waren bewusst sehr zurückhaltend, Fonds nach Artikel 9 der Offenlegungsverordnung zu klassifizieren. Das erwies sich als richtig, denn manche stufen ihre Fonds ja zurück. Wir planen, in den nächsten Monaten eine ganze Reihe Fonds nach Artikel 8 aufzulegen und auch die ersten Artikel-9-Produkte werden kommen. In Europa sind 35 Prozent unserer Fonds als nachhaltig klassifiziert.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)