Fabian Leuchtner und Dimitri Widmann zog es vor neun Jahren nach Köln. 2013 traten sie gemeinsam ihre Jobs beim Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch an. 2016 gründeten die beiden ihr eigenes Unternehmen und legten gemeinsam mit Discover Capital den Mischfonds Squad Aguja Opportunities auf. Mit acht Millionen Euro ging er an den Start. Heute beraten Leuchtner und Widmann ein Vermögen von rund 310 Millionen Euro. Bei einem Spaziergang mit FONDS professionell in der Kölner Südstadt erzählen sie, wie es zur Firmengründung kam und wie sie investieren.


Herr Leuchtner, Herr Widmann, Sie waren beide erst 30 Jahre alt, als Sie 2016 gemeinsam Ihr Unternehmen Aguja Capital gründeten und einen eigenen Fonds auflegten. Wann haben Sie begonnen, sich mit dem Thema Wertpapieranalyse zu beschäftigen?

Fabian Leuchtner: Ich habe in den Ferien immer wieder in dem Unternehmen gejobbt, in dem mein Vater tätig war. Dort gab es ein Aktienprogramm für die Mitarbeiter, das fand ich interessant. Ich hatte auch einen Schulfreund, der Aktien ebenfalls spannend fand. Als wir 14 Jahre alt waren, haben wir mit einem Brettspiel, Würfeln und vier Papieraktien um die Wette investiert. Später haben wir dann auch echtes Geld angelegt. 

Dimitri Widmann: Mich hat der Vortrag eines Fondsmanagers, zu dem mich mein Vater mitgenommen hatte, total fasziniert. Ich habe mir dann in einer Bücherei Börsenliteratur ausgeliehen. Die Investmentbriefe von Warren Buffett haben mich begeistert. Ich habe auch mein komplettes Konfirmationsgeld investiert. Mit 15 Jahren wusste ich, dass ich einmal Investor werden wollte.

Zwölf Jahre später war es dann soweit, Sie haben zusammen mit Fabian Leuchtner beim Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch als Fondsmanager angefangen. Zu dem Zeitpunkt kannten Sie sich aber schon, richtig?

Leuchtner: Wir haben uns im Grunde so kennengelernt wie Bert Flossbach und Kurt von Storch: in einer Börsen-Hochschulgruppe. Wir haben beide Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe studiert, während des Studiums entdeckt, dass uns ein sehr ähnliches Investmentverständnis verbindet und uns intensiv ausgetauscht. Schon damals hatten wir die Idee, uns später einmal zusammen selbstständig zu machen.

Warum haben Sie nicht gleich nach dem Studium ihre eigene Fondsboutique gegründet?

Widmann: Wir kannten die Fondsindustrie nicht, wussten nicht, wo wir Seed-Kapital bekommen könnten und wie der Vertrieb funktioniert. Daher wollten wir erst einmal in einer Festanstellung Erfahrungen sammeln. Fabian hat bei Flossbach von Storch im Team für Wandelanleihen und Anleihen begonnen und später zusammen mit Frank Lipowski zwei Bondfonds gemanagt. Ich habe Aktien für den Flaggschifffonds FvS Multiple Opportunities analysiert. Das hat uns auch sehr viel Spaß gemacht.

Aber nach drei Jahren sollte es dann doch die Selbstständigkeit sein.

Leuchtner: Ja, denn Flossbach ist gewachsen und gewachsen. Um die enorme Liquidität zu allokieren, mussten die Unternehmen immer größer werden. Solche Aktien haben viele Fondsmanager auf dem Radar. Aber Dimitri und ich wollten die nicht offensichtlichen Chancen finden, in Nischen schauen, wie schon im Studium. Wir haben 2016 ganz offen mit Bert Flossbach und Kurt von Storch gesprochen, die uns keine Steine in den Weg legten. Im Dezember 2016 ging dann mit acht Millionen Euro unser Fonds an den Markt.

Heute ruht in Ihrem globalen Mischfonds Squad Aguja Opportunities ein Vermögen von rund 310 Millionen Euro. Können Sie bitte Ihre Investmentstrategie beschreiben?

Leuchtner: Wir setzen auf eine flexible Allokation in Aktien und Anleihen. So können wir in die jeweils attraktivsten Anlagen investieren, die eine Firma bietet. Mitunter kann ja etwa eine Wandelanleihe ein besseres Chance-Risiko-Profil aufweisen als die Aktie desselben Unternehmens. Regional liegt unser Fokus auf Europa und Nordamerika, aber wir können theoretisch überall investieren. Wichtig ist, dass wir immer gezielt nach verborgenen Chancen suchen, die der Markt bisher kaum entdeckt hat. Solche Opportunitäten lassen sich oft dort finden, wo Papiere falsch oder zu niedrig bewertet sind und zusätzliche Werttreiber dafür sorgen, dass sich Rendite realisieren lässt. Diese Werttreiber können etwa in Sondersituationen bestehen.

Können Sie ein Beispiel für eine solche Sondersituation nennen?

Widmann: Wir hatten zum Beispiel einmal eine Wandelanleihe im Fonds, in deren Prospekt für den Fall einer Übernahme des Emittenten durch ein anderes Unternehmen eine ganz verrückte Klausel vorgesehen war. Diese legte für die Bondinvestoren eine extrem positive Anpassung der Tauschoption fest. So positiv, dass dieses Investment deutlich attraktiver war als die Aktie. Es gab zudem einige Indizien, dass sich tatsächlich eine Übernahme anbahnen könnte, was dann auch so gekommen ist. Es lohnt sich in der Regel, Prospekte und spezielle Übernahmesituationen genauer anzusehen. Nur wenige Investoren haben das Spezialwissen und die Leidenschaft, sich mit diesen Themen zu beschäftigen. Es gibt sehr viele solcher Sondersituationen, auch auf der Aktienseite. Zudem versuchen wir, Rendite über Investments zu generieren, bei denen wir gewisse Trigger erkennen.

Was meinen Sie mit Triggern?

Widmann: Nehmen wir die Aktie des Tiefkühlkostherstellers Frosta. Als wir das Papier gekauft haben, gab es eine Preisinflation bei Fisch. Das Unternehmen gab den höheren Preis nicht sofort an die Supermärkte weiter, was die Marge und die Aktie stark unter Druck brachte. Wir waren überzeugt, dass dies nur ein vorübergehender Effekt sein würde, und so war es auch.

Leuchtner: Solche spannenden Situationen lassen sich aber nur erkennen, wenn man eine Branche in der Tiefe kennt, wenn man voraus- und um die Ecke denken kann.

Und wie gelingt Ihnen das?

Leuchtner: Wir sammeln unzählige Details, sprechen mit Branchenexperten, studieren Anleihenprospekte, haben die Nachrichtenlage stets im Auge und kombinieren dann alle relevanten Informationen. 

Widmann: Das ist wie ein Puzzle, das nur ein ganzes Bild ergibt, wenn man die einzelnen Teile richtig zusammensetzt.

Bedeutet das viel Schreibtischarbeit?

Leuchtner: Ja, aber vor der Coronapandemie sind wir auch viel gereist, haben Unternehmer getroffen, waren auf Konferenzen und haben Roadshows veranstaltet. Wir haben pro Jahr ungefähr 200 Gespräche mit Unternehmen geführt. 

Widmann: Das machen wir auch jetzt wieder, denn nur so lernt man spannende Firmen wirklich kennen. Ich war Anfang des Jahres zum Beispiel in Paris, um mir dort drei Unternehmen anzuschauen. Ich bin durch die einzelnen Abteilungen gegangen, habe mit den Mitarbeitern gesprochen. Nur auf diese Weise ergibt sich ein ganzheitliches Bild.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)


Ein ausführliches Porträt von Fabian Leuchtner und Dimitri Widmann lesen Sie in FONDS professionell 1/2022 ab Seite 124. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.