Der Russland-Ukraine-Krieg könnte bald auch bei jenen österreichischen Banken, die kein umfassendes direktes Russland-Exposure haben, einen Milliardenschweren Schaden verursachen. Nämlich dann, wenn sie als Mitglieder der Einlagensicherung Austria (ESA) für eine Pleite geradestehen müssen. Auf diesen Fall muss sich die ESA derzeit vorbereiten: Die österreichische Aufsicht FMA hat heute auf Geheiß der Brüsseler Bankenabwicklungsbehörde SRB (Single Resolution Board) der Sberbank Europe Group mit Hauptsitz in Wien weitgehend den Geschäftsbetrieb untersagt. Die Behörden sehen es als wahrscheinlich an, dass der Finanzgruppe der Bankrott droht. Das von den europäischen Aufsehern verhängte Moratorium sieht ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot vor und gilt vorerst bis 1. März 2022.

Ausgenommen sind Einlagenkunden; Sie dürfen zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs bis zum Ende des Moratoriums maximal 100 Euro pro Tag abheben. Einlagen bis 100.000 Euro sind weiterhin durch das österreichische Einlagensicherungssystem besichert, heißt es bei der FMA. Die österreichische Einlagensicherung müsste bei einem tatsächlichen Ausfall auch die Einleger der Zweigniederlassung in Deutschland entschädigen, die dort unter dem Handelsnamen Sberbank Direct auftritt. Für die Töchter in Kroatien und Slowenien sind die dortigen Sicherungen zuständig.

ESA-Chef: "Finanzierung ist gesichert"
ESA-Chef Stefan Tacke betonte gegenüber FONDS professionell ONLINE, dass bisher noch kein Einlagensicherungsfall vorliege. Die von der ESA gedeckten Einlagen bei der Sberbank Europe AG sind aber beträchtlich. Sie betragen laut Tacke per 26. Februar 2022 rund 1,1 Milliarden Euro. Nach derzeitigem Datenstand haben rund 35.000 deutsche Kunden bei der Sberbank Europe AG gedeckte Einlagen. Der Anteil der österreichischen Einleger sei hingegen unbedeutend, so Tacke. "Die Finanzierung der Entschädigung der Einleger ist gesichert, alle österreichischen Banken tragen dazu anteilig bei", sagte der ESA-Chef. Mitglieder bei der Einlagensicherung sind zahlreiche Institute, darunter Bawag, Unicredit Bank Austria oder Oberbank. Der österreichische Raiffeisensektor und Sparkassen/Erste Bank haben je eine eigene Sicherung. Aufgrund einer Übergangsregel stehen jedoch beim Sberbank-Ausfall auch Institute mit eigenem Sicherungssystem mit in der Pflicht, also die österreichischen Sparkassen mit der Erste Group Bank und die genossenschaftlichen Raiffeisenbanken.

Kunden müssen sich nicht aktiv melden; im Sicherungsfall wird die ESA selbst tätig und zahlt das Geld aus. Das gilt auch für deutsche Kunden: Sollte der SRB in den kommenden Tagen den Eintritt des Einlagensicherungsfalls offiziell feststellen, wird sich die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH (EdB) im Namen der österreichischen ESA mit den deutschen Einlegern in Verbindung setzen, um die Entschädigung vorzunehmen. "Kundinnen und Kunden müssen nicht selbst aktiv werden", heißt es bei der ESA.

Die Sberbank Europe AG in Wien ist eine 100-Prozent-Tochter der mehrheitlich staatlichen russischen Sberbank mit Sitz in Moskau. Die Russische Föderation besitzt 50 Prozent plus eine Stimmrechtsaktie an der Sberbank, die die größte Bankengruppe im Land ist. Auf das Institut entfallen mehr als ein Drittel der Aktiva des gesamten russischen Bankensektors. Nach Eigenangaben bedient die Bank in gut 14.000 Filialen rund 99 Millionen Kunden, darunter 2,7 Millionen Firmenkunden.

"Ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen"
"Die Europäische Zentralbank (EZB) ist zu der Beurteilung gelangt, dass die Sberbank Europe AG und ihre beiden Tochtergesellschaften in der Bankenunion, die Sberbank d.d. in Kroatien und die Sberbank banka d.d. in Slowenien, ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen. Grund ist eine Verschlechterung der Liquiditätslage der Banken", teilen die europäischen Aufseher heute mit. Man sei zur Feststellung gelangt, "dass die Bank in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein wird, ihre Schulden oder sonstige Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu bedienen", heißt es weiter.

Sonja Sarközi, CEO der Sberbank Europe begründete die Turbulenzen damit, dass "mehrere Banken der Sberbank Europe Group innerhalb sehr kurzer Zeit einen deutlichen Abfluss an Kundeneinlagen" verzeichneten. Man stehe im Kontakt mit den Behörden, und unter nehme alle Anstrengungen "um diese beispiellose Situation im Sinne der Kunden zu meistern", so Sarközi in einer Stellungnahme. (eml)

Hinweis 2.3.: Update ESA-Pflichten