Seit vergangenem Wochenende ist es kein Gerücht mehr: Deutsche Bank und Commerzbank sondieren einen Schulterschluss. Und schon melden sich Stimmen aus der Politik, den Aufsichtsbehörden und der Wirtschaft mit ihren Wünschen, die sie an eine Fusion der beiden größten deutschen Banken haben – eingeschlossen ihren Forderungen, was nicht passieren soll. Zudem melden sich Analysten zu Wort, warum sie oder warum sie eine "Deutsche Commerzbank" nicht für sinnvoll halten (lesen Sie hierzu auch den Kommentar von FONDS professionell-Redakteur Sebastian Ertinger "Zwei Kranke ergeben keinen Gesunden").

An der Spitze der Institutionen mit einem Wunschzettel steht das Bundeskanzleramt. So stellt Amtschef Helge Braun laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) klar, dass die Bundesregierung keine politischen Ambitionen bezüglich der Fusion hege. Im Vordergrund stünden rein betriebliche Motive. Allerdings teilt man die Sorgen der Arbeitnehmervertreter und fürchtet ebenfalls den Verlust tausender Jobs.

Die Regierung schaue laut FAZ "natürlich auf die Zukunft der Arbeitsplätze, um die es geht". Wenn es, wie die Gewerkschaften befürchten, zu einem massiven Stellenabbau käme, "dann ist das natürlich ein schwieriger Befund". Mit anderen Worten: Berlin möchte eine starke nationale Bank, die daheim allerdings möglichst keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen soll.

"Geschmäckle": Ex-Arbeitgeber von Finanzstaatssekretär berät Commerzbank
Obwohl sich das Bundesfinanzministerium ebenso wie die gesamte Regierung aus den Gesprächen der beiden Partner in spe heraushält: Die Aussage Brauns kann dennoch als Aufforderung gedeutet werden, den personellen Aderlass nicht zu übertreiben. Immerhin ist der deutsche Staat mit 15,6 Prozent an der Commerzbank beteiligt. In dem Zusammenhang ist ferner pikant, dass sich die Commerzbank bei den Gesprächen im Rahmen eines schon bestehenden Mandats von den Investmentbanken Goldman Sachs und Rothschild beraten lasse. Das hat "ein Geschmäckle", wie die FAZ zurecht schreibt: Denn Finanzstaatssekretär Jörg Kukies (SPD), der unter Branchenkennern als wensentlicher Treiber hinter der Fusion gilt, war vor seinem Wechsel nach Berlin Co-Deutschlandchef von Goldman Sachs.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat in einem Statement betont, wie wichtig eine große, starke Bank für die Wirtschaft im Land sei. "Nur wenn das Zusammengehen eine stärkere Institution schafft, ist es zielführend", zitiert die FAZ den BDI. In eine ähnliche Stoßrichtung geht der "Wunsch" der Europäischen Zentralbank (EZB), für die die Ertragskraft einer neuen Großbank Vorrang vor allen anderen Überlegungen habe. Vor allem auf die Kostenseite werden sie laut der Zeitung blicken..

Große Skepsis bei Aktionären und Analysten
Nicht nur Aufseher und der Industrieverband setzen hinter die Fusionsabsichten zahlreiche Fragzeichen, auch einige Analysten sehen die Pläne kritisch. "Eine Fusion käme einer Not-Operation gleich", zitiert das "Handelsblatt" den Kurskommentatoren Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. Sie diene dem politischen Kalkül, die Sorgen vor einer möglichen Insolvenz der Deutschen Bank auszuräumen. Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com, äußerte sich laut der Wirtschaftszeitung ebenfalls eher zurückhaltend. "Es besteht die Gefahr, dass man eine größere, aber genauso schwache Bank kreiert."

Großaktionäre der Deutschen Bank stehen dem Zusammenschluss mit der Commerzbank ebenfalls skeptisch gegenüber. Allerdings würden sie sich dieser nicht komplett verweigern: "Wir sind nicht in Fundamental-Opposition, haben aber erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit und am Timing und wollen überzeugt werden", verriet eine Person aus dem Umfeld eines großen Anteilseigners dem Handelsblatt. Ein anderer Aktionär fügt hinzu: "Es gibt keinen offensichtlichen Grund, warum diese beiden Banken fusionieren wollten. Das passt strategisch einfach nicht."

Commerzbank-Chef will schleunigst Klarheit
Aus Sicht der Deutschen bank sei der deal durchaus lukrativ, schreibt hingegen JP-Morgan-Analyst Kian Abouhossein. Die Commerzbank sei für jedes am attraktiven deutschen Markt interessierte Geldhaus eine gute Wahl. Abouhossein rechnet im Erfolgsfall mit einem Bewertungsaufschlag für die Commerzbank-Papiere und lobt ihr Chancen-Risiko-Profil.

Deren Chef Martin Zielke jedenfalls hat angekündigt, dass für ihn Klarheit über das künftige Vorgehen im Moment derzeit das Wichtigste ist. In den kommenden zwei bis drei Wochen solle entschieden werden, ob man sich soweit über den Weg traue, dass man sich gegenseitig Einblick in die Bücher gewährt, soll Zielke Finanzkreisen zufolge am Sonntagabend in einer Telefonkonferenz mit dem Commerzbank-Aufsichtsrat deutlich gemacht haben. Des weiteren verspüre er – anders als manche Manager der Deutschen Bank – keinen politischen Druck, über eine Großbankenfusion zu verhandeln, berichtet das Handelsblatt. Die Commerzbank sei von der Politik nicht zu den Gesprächen gedrängt worden, hieß es in der besagten Telefonkonferenz. (jb)