Die Fähigkeit zur Analyse und Auswertung von Daten, die sich auf Nachhaltigkeit von Unternehmen beziehen, entwickelt sich zu einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal für Fondsgesellschaften. Dies sagt Maren Schmitz, Partnerin bei KPMG und Leiterin der Asset-Management-Beratung, im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE. "Die Menge an auswertbaren und qualitativ hochwertigen Daten nimmt zu", erläutert Schmitz. "Wenn Asset Manager diese Daten analysieren und im Investmentprozess einsetzen, können sie einen Wettbewerbsvorteil erringen."

Dabei kommt modernen Technologien eine Schlüsselrolle zu. "Das Datenvolumen nimmt derzeit stark zu, sodass einer Auswertung über Werkzeuge wie künstliche Intelligenz und Algorithmen eine besondere Bedeutung zukommt", erläutert die Branchenkennerin. Noch allerdings sei die Investmentwelt beim Thema Nachhaltigkeitsdaten damit beschäftigt, die von der Regulierung geforderten Angaben zu erschließen, zu sammeln und in die eigenen Berichte und Reportings zu gießen, schränkt Schmitz ein.

Fragmentierter Markt
Im Zuge der Offenlegungsverordnung (SFDR) sowie der anstehenden EU-Taxonomie-Verordnung rückt für Investmenthäuser die Erhebung von Datenpunkten rund um ökologische, soziale und ethische Aspekten in den Fokus. Eine besondere Bedeutung bei der Bereitstellung und Bewertung der Angaben kommt dabei spezialisierten Datenanbietern wie MSCI, ISS ESG oder Sustainalytics sowie Bloomberg zu. "Der Markt ist noch sehr fragmentiert und in Bewegung", sagt Tobias Mertes von KPMG. Auch die Datenqualität schwanke noch.

Hinzu kommt: "Die ESG-Scores, also die Nachhaltigkeitsbewertungen, fallen je nach Anbieter sehr unterschiedlich aus", berichtet Mertes. "So starke Differenzen lassen sich etwa bei herkömmlichen Kreditratings nicht beobachten." Auch die Gebührenniveaus unterscheiden sich erheblich. Sie hängen allerdings von den benötigten Datenfeldern sowie der Zahl der Lizenzen und der Nutzungsart ab.

Keine Datenlücke voraus
Ein weiterer Aspekt ist die Abdeckung der Daten. Schmitz zeigt sich optimistisch, dass bis zu den jeweiligen Stichtagen der Verordnungen für die Fondsgesellschaften nahezu alle relevanten Angaben bereitstehen. "Wir steuern nicht auf eine Datenlücke zu", meint die Expertin. "Die Datenlage verbessert sich zunehmend." Dies werde durch die regulatorischen Bestrebungen der EU weiter forciert. So soll die EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) voraussichtlich ab 2024 verbindliche Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen festlegen.

Mehrere Lieferanten in der Hinterhand
Kapitalmarktorientierte Firmen seien sich ohnehin schon bewusst, dass sie im Zuge der Emission von Aktien und Anleihen neben Finanzkennzahlen zunehmend ESG-Informationen bereitstellen müssen, um investierbar zu bleiben. Anders verhält sich die Situation bei Banken, die für ihre Kreditbücher ebenfalls ESG-Daten sammeln müssen. Hier finden sich auch kleinere Mittelständler, die nicht in diesem Umfang an die Übermittlung von Angaben gewöhnt sind. Angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den Datenanbietern empfehle es sich für Fondsgesellschaften, sich nicht auf einen Lieferanten alleine zu verlassen. "Asset Manager riskieren den Vorwurf einer Pflichtverletzung, wenn sie sich ungeprüft allein auf die Angaben eines Anbieters stützen", mahnt Schmitz.

Beispiele wie die Greenwashing-Vorwürfe gegen die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS zeigen, welche Reputationsrisiken oder womöglich gar strafrechtliche Konsequenzen hier lauern können. DWS-Chef Asoka Wöhrmann gab seinen Posten auf. Demgegenüber birgt das ESG-Feld auch Chancen. Größere Investmenthäuser stützen sich zunehmend direkt auf Rohdaten, werten die Angaben selbst aus und ziehen ihre eigenen Schlüsse daraus. Damit können sie sich dann von der Konkurrenz abheben. (ert)