Der Fondsriese Blackrock plant offenbar, börsengehandelte Indexfonds (ETFs) aufzulegen, bei denen ein Computerprogramm die enthaltenen Aktien auswählt und in Branchen eingruppiert. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Zulassungsanträge, die Blackrocks ETF-Tochter iShares bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht hat. Die neuen aktiven ETFs sollen demnach den Namen "iShares Evolved" tragen.

Bislang spiegelt der überwiegende Teil der kursierenden Indexfonds die Entwicklung klassischer Barometer wie Dow Jones, S&P 500 sowie Eurostoxx oder Dax wieder. Doch zunehmend interessieren sich Anleger auch für alternative Messlatten, oft Smart Beta genannt. Dabei werden die im Index enthaltenen Titel nach anderen Kriterien als der Marktkapitalisierung gewichtet oder nach bestimmten fundamentalen Faktoren ausgewählt.

Algorithmus teilt Amazon neu ein
Blackrock geht nun offenbar noch einen Schritt weiter und greift bei der Titelauswahl auf lernfähige Computerprogramme zurück. Diese klassifizieren die Unternehmen völlig neu. Bei herkömmlichen Branchenbarometern landet etwa der Online-Riese Amazon neben anderen Handelsunternehmen im Bereich Konsumgüter. Der neue Algorithmus könnte das Haus aber auch als Technologietitel einsortieren. Die neuen iShares-ETFs zielen auf die Branchen Finanzdienstleister, Gesundheitswesen, Medien, zyklische und nicht-zyklische Konsumgüter sowie Technologie.

"Das Klassifizierungssystem erlaubt es, dass ein Unternehmen mehreren Branchen zugerechnet wird", zitiert Reuters aus dem Blackrock-Antrag. "Dies spiegelt die multi-dimensionalen Geschäftsmodelle mancher Unternehmen wider. Die Sektor-Zuordnung dürfte sich im Zeitverlauf neu entwickeln, was die Veränderungen in den Geschäftsmodellen reflektiert." Über den SEC-Antrag hinausgehende Details zu den Produkten wollte Blackrock gegenüber Reuters nicht nennen.

Der Preisbrecher wagt den Tabubruch
Mit der Auflage der "Evolved"-Reihe forciert Blackrock die Entwicklung hauseigener Indizes. So hatte der Fondsriese bereits im Sommer in den USA erstmals ETFs auf Anleihen herausgebracht, die selbst entwickelte Barometer abbilden.

Mit dem Vorstoß ist Blackrock nicht allein: Zunehmend emanzipieren sich auch andere Produktemittenten von führenden Indexanbietern wie MSCI, S&P Dow Jones oder Stoxx. Der Hintergrund: Die Fondshäuser sparen sich mit den Eigenkreationen die zu entrichtenden Lizenzkosten für die Nutzung der Fremdindizes.

Die junge ETF-Industrie profitierte in ihrer Anfangsphase von den Markennamen großer Indizes wie Dow Jones oder Dax. Doch mit dem Heranwachsen der Branche verblasst die Bedeutung solcher Namen als Vertriebsargument. Den großen Tabubruch wagte 2012 der Indexfonds-Riese Vanguard, der erhebliche Teile seiner Produktpalette auf weniger bekannte, aber günstigere Barometer von FTSE und dem Center for Research in Security Prices der Universität Chicago umstellte. (ert)