Der Chef einer Bielefelder Digitalagentur lebt seit rund vier Jahren den Fünfstundentag und probiert damit ein neues Arbeitsmodell aus. Für die Mitarbeiter gilt die 25-Stunden-Woche – bei vollem Gehalt. Damit das funktioniert, müssen die Beschäftigten also dieselbe Arbeitsleistung in kürzerer Zeit erbringen. Im Gegenzug verbringen sie deutlich weniger Zeit des Tages unproduktiv am Arbeitsplatz.

Davon ist jedenfalls Lasse Rheingans überzeugt, der Chef der Bielefelder Agentur. Laut einem Artikel in der "Süddeutschen Zeitung" geht er davon aus, dass sich niemand acht Stunden am Tag konzentrieren kann. Deshalb führte er in seiner Agentur den Fünfstundentag ein, mit klaren Regeln: Der Tag beginnt morgens um acht, Small Talk wird in Meetings komplett vermieden, Ablenkungen wie Instagram, Whatsapp und Twitter sind tabu. So könnten alle fokussierter, schneller und intensiver arbeiten, zitiert ihn die Zeitung. 

Nicht immer die beste Lösung  
Andere Firmen haben dem Blatt zufolge ähnliche Modelle ausprobiert oder sind gerade dabei. Dabei stößt das Modell "Kürzer, aber nicht weniger arbeiten" an Grenzen. Während der Corona-Krise musste etwa auch Rheingans seine Arbeitszeiten anpassen, weil es Mitarbeitern mit Kindern schwerfiel, sich daran zu halten. Nun teilen sich die Angestellten die Arbeitszeit selbst ein. Auch in Konzernen könnte die Einführung schwierig sein, sagt Rheingans, der nur mit 20 Angestellten umgehen muss: "Man hat dort viel mehr Prozesse und Hierarchien, die man aufbrechen müsste."  

Matthias Bianchi vom Deutschen Mittelstands-Bund (DMB) macht in der "Süddeutschen Zeitung" deutlich, dass er nicht glaubt, dass sich das Modell für eine flächendeckende Anwendung eignet. Seiner Meinung nach lässt sich zwar bei wissensintensiven Dienstleistungen auch mit reduzierter Arbeitszeit eine hohe Produktivität erzielen. Am Fließband, im Handel oder in der Logistik könne so etwas aber nicht klappen. (fp)