Immer weniger Fonds erreichen ein Alter von zehn Jahren oder mehr. Dies zeigt eine Analyse der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG). Demnach erreichten 2023 nur 37 Prozent der neu aufgelegten Fonds die Zehn-Jahres-Marke. Im Jahr 2015 waren es noch 42 Prozent und 2010 sogar noch 60 Prozent gewesen, wie die BCG-Analysten in ihrem nun veröffentlichten "Global Asset Management Report 2024" festhalten. Für die Studie untersuchten die Analysten die Kennzahlen von Asset Managern weltweit.

"Die Bemühungen der Asset Manager, neue Produkte zu entwickeln, mit denen sie sich von ihren Konkurrenten abheben könnten, sind weitgehend gescheitert", schreiben die Autoren der Studie. "Die Anleger halten sich meist an etablierte Produkte mit zuverlässiger Erfolgsbilanz." Das hat Folgen für die Branche. Denn zugleich wandern Anleger zunehmend zu passiven Fonds. So seien 2023 70 Prozent des Zuwachses im Fondsgeschäft passiven Produkten entsprungen, so BCG.

Druck bislang standgehalten
"Das Kundenverhalten verändert sich, teure Einzelfonds sind immer weniger gefragt", erläutert Johannes Burkhardt, BCG-Partner und Co-Autor der Studie, die Entwicklung. "Vielmehr suchen Privatanleger nach Allokationsprodukten, die mit günstigen ETFs unterfüttert sind." Passive Produkte weisen ein geringeres Gebührenniveau auf. Die Einnahmen der Asset Manager sinken. Zugleich steigen die Ausgaben der Fondsgesellschaften.

"In der Vergangenheit war die Branche in der Lage, diesem Druck standzuhalten", führen die BCG-Experten aus. Denn durch die Kurssteigerungen an den Märkten seien auch die Einnahmen der Anbieter gestiegen. "In den kommenden Jahren dürfte sich der Anstieg der Märkte jedoch verlangsamen, was die Branche vor weitere Herausforderungen stellen wird."

Ungleich verteilt
Nach dem Krisenjahr 2022 habe zwar eine Erholung eingesetzt. Das weltweit verwaltete Vermögen kletterte 2023 um zwölf Prozent auf 119 Billionen US-Dollar. 2022 war es um neun Prozent zurückgegangen. Das Wachstum ist aber ungleich verteilt. Während in Nordamerika das Fondsvolumen 2023 um 16 Prozent zunahm, waren es in Europa acht und in Asien ohne Japan nur fünf Prozent. In Deutschland kletterte das verwaltete Vermögen um zehn Prozent und übersprang die Marke von vier Billionen US-Dollar.

Gravierendes Rentabilitätsproblem
"Das Wachstum ist zwar deutlich, verschleiert aber nur die grundlegende Anfälligkeit der Asset-Management-Branche", mahnen die Experten. Denn der Umsatz legte 2023 gerade einmal um 0,2 Prozent zu, die Gewinne brachen gar um mehr als acht Prozent ein. "Trotz der positiven Wachstumsraten des weltweit verwalteten Vermögens leidet die Branche unter einem gravierenden Rentabilitätsproblem", analysieren die BCG-Experten. Eine ähnliche Diagnose hatte jüngst auch eine Studie des Beratungshauses McKinsey für westeuropäische Fondsanbieter ergeben.

"Angesichts dieses Drucks werden die Asset Manager ihre Arbeitsweise überdenken müssen, um das Wachstum und die Rentabilität der vergangenen Jahre aufrechtzuerhalten", folgern die Branchenkenner von BCG. Als Ausweg sollten die Fondsgesellschaften in alternative Anlagen expandieren sowie ihre Produktivität steigern und personalisierte, also auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zugeschnittene Produkte einführen. Bei allen drei Punkten könne der Einsatz von künstlicher Intelligenz helfen, so die BCG-Experten. (ert)