Trotz der Kurserholung an den Kapitalmärkten haben die Fondsgesellschaften in Westeuropa im vergangenen Jahr einen weiteren Gewinnrückgang erlitten. "In einem Jahr mit insgesamt durchwachsener Kapitalmarktentwicklung hat die Asset-Management-Branche zum zweiten Mal in Folge ein signifikantes Abschmelzen ihrer Gewinne erlebt", sagte Christian Zahn von der Unternehmensberatung McKinsey bei der Präsentation der vorläufigen Ergebnisse der Asset-Management-Studie des Hauses in Zürich.

"Die Zahlen für 2023 fallen drastisch aus", ergänzte McKinsey-Experte Niklas Nolzen. "Innerhalb von zwei Jahren ist der Branche ein Drittel des Gewinns weggebrochen." Einerseits konnte die erst im letzten Quartal 2023 einsetzende Erholung an den Märkten keine Linderung bringen. Doch die Ursachen für die Entwicklung liegen tiefer. "Der Kerntreiber war nicht die Entwicklung des verwalteten Vermögens, sondern die Einnahmen- und Kostenseite", erläuterte Nolzen. "Die Branche hat es in der Breite nicht geschafft, die Kosten im gleichen Maße wie die Rückgänge der verwalteten Vermögen zu reduzieren."

Zweiteilung beobachtet
Der Druck auf die Einnahmen bestehe zwar schon seit Jahren. Die Dynamik habe zuletzt jedoch zugenommen. "Besonders spürbar ist nun jedoch die Verschiebung zwischen den Anlageklassen", erläuterte Nolzen. "Die Mittel flossen unter dem Strich in Anleihen und Geldmarktfonds – also eher in Klassen mit niedrigeren Margen." McKinsey untersuchte die Kennzahlen von 55 Asset Managern, die in Westeuropa aktiv sind. Dabei stützen sich die Unternehmensberater zum einen auf veröffentlichte Kennzahlen, aber auch auf Angaben der Gesellschaften sowie Interviews, die die Consultants mit den Häusern führen.

Die Unternehmensberater beobachten zudem eine Zweiteilung. "Der Gewinneinbruch der Branche ist insgesamt signifikant", hält Zahn fest. "Doch die erfolgreichsten Akteure sind in der Lage, mit Blick auf ihre Gewinn-und-Verlust-Rechnung nach wie vor gute Ergebnisse vorzuweisen und deutlich besser abzuschneiden als andere." Ein Teil der Industrie schafft es, von den Verschiebungen zu profitieren und ein Profitabilitätswachstum zu erreichen, ergänzte Nolzen. "Den Top-Performern gelingt es, die Kosten zu reduzieren und zugleich in Wachstumsfelder zu investieren." Mittelfristig werde die Branche jedoch wieder stärkere Mittelzuflüsse verzeichnen, zeigte sich der Experte optimistisch.

Preissenkung macht nicht alles wett
Daneben beobachten die Marktkenner, dass passive Strategien schneller wachsen als aktive – überraschenderweise besonders in den Jahren mit hohen Schwankungen an den Finanzmärkten. "Das sind eigentlich genau die Phasen, in denen aktive Manager ihre Stärke ausspielen wollen", erläuterte Nolzen. Zudem stellten die Analysten fest, dass Asset Manager im Anleihenbereich eine schwache Investmentperformance oft durch günstigere Preise ausgleichen und Mittel zugewinnen konnten. "Bei Aktien gelingt das so nicht", berichtete Nolzen. "Eine schwache Leistung lässt sich nicht mit einem günstigeren Preis wettmachen. Sie führt unweigerlich zu Mittelabflüssen."

Weiterhin hätten nachhaltige Strategien in den vergangenen beiden Jahren nur noch ein geringes Wachstum verzeichnet, so die McKinsey-Analyse. Zudem habe die Zahl der Übernahmen und Fusionen nicht zugenommen, obgleich der Konsolidierungsdruck wächst. Die Experten führen das zum Teil auf das hohe Zinsniveau zurück, das die Finanzierung von Übernahmen verteuert. Demgegenüber dürften die Kaufpreise gesunken sein.

Rückenwind hat sich gedreht
"Die Industrie profitierte sehr lange von starkem Rückenwind. Dieser hat sich gedreht", resümierte Zahn in Zürich. Das stelle die Branche vor Herausforderungen. "Doch es eröffnen sich auch spannende Opportunitäten", meinte der Branchenkenner. "Die führenden Akteure haben bewiesen, dass man diese nutzen kann", folgerte Zahn. (ert)