Der Ökonom Gabriel Felbermayr, Präsident des renommierten Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IFW), redet nicht lange um den heißen Brei herum: "Wir haben uns an eine gewisse Sicherheit gewöhnt, doch diese Sicherheit müssen wir neu überdenken. Und das wird Konsequenzen für alle Branchen haben." Mit diesen Worten startet er seinen Vortrag auf dem FONDS professionell KONGRESS in Wien und legt gleich noch einmal nach: "Die Welt, wie wir sie kennen, wird es in zehn bis fünfzehn Jahren nicht mehr geben."

Als wichtige Ursache für diese Entwicklung sieht der Oberösterreicher eine Wende in der globalen Handelspolitik, die von den USA ausgeht. Nach einer langen Phase, in der die Globalisierung vorangetrieben wurde, in dem man Handelsschranken und Zölle abbaut, kehrt sich dieser Trend schon seit dem Ende der Präsidentschaft von George W. Bush zunehmend um. Und seit Donald Trump an der Macht ist, hat sich die Dynamik dieses Prozesses beschleunigt.

"Episoden mit steigenden Handelszöllen sind etwas Neues", erinnert Felbermayr. Präsident Trump habe damit die wirtschaftspolitischen Unsicherheiten noch weiter geschürt, was sich für Felbermayr leicht erklären lässt: "Unsicherheiten können auch Chancen bedeuten. Allerdings nutzen diese nur großen Staaten, wie den USA. Kleine verlieren hingegen", sagt der Forscher. Dass sich an dieser Entwicklung kurzfristig etwas ändern wird, glaubt der IFW-Chef nicht: "Wir können von keiner Erholung ausgehen", so Felbermayr.

Industrie in der Eurozone am Scheideweg
Kritik äußert der Wirtschaftsforscher auch an der Industrie respektive der Industriepolitik in der Eurozone. Das verarbeitende Gewerbe in Deutschland sei seit 2018 rückläufig und liege inzwischen am Boden. Österreich konnte sich dieser Abwärtsspirale zwar zunächst entziehen. nun sehe es aber auch hier nicht viel besser aus.

Das sei aber eben nicht ein globales Phänomen, sondern eines der Eurozone, betont Felbermayr. Er verdeutlicht die Problematik anhand der für Deutschland wichtigen Automobilindustrie: Während die Importe in diesem Bereich in Deutschland stark gestiegen sind, fielen die Exporte zuletzt auf das Niveau von 2015.

Obwohl die Automobilnation Deutschland mit ihrer Technik und auch dem Absatz von Kraftfahrzeugen glänzt, sinkt der Produktionsindex, der die Leistung des produzierenden Gewerbe misst. "Nun sollte man sich fragen, woran das dann liegt?", fragt Felbermayr und beantwortet die Frage gleich selbst: Deutschland sei als Produktionsstandort teilweise unattraktiv, daran müsse gearbeitet werden. (cf)