Mittwochabend hat die Finanzmarktaufsicht FMA Leerverkäufe von Aktien an der Wiener Börse verboten. Sie zog damit die Notbremse in einem Umfeld, das nicht nur aufgrund von Pessimismus sondern offenbar auch aufgrund von Spekulationsabsichten in einen Abwärtssog zu geraten drohte: "Die FMA hatte seit vergangener Woche eine deutliche Aktivitätssteigerung in Hinblick auf Account Registrierungen im online Tool der FMA zur Einbringung einer Nettoleerverkaufsposition und Anfragen von großen Investmentgesellschaften", heißt es gegenüber FONDS professionell ONLINE. 

Verzwölffachung: "Konzertierte Aktion"
In der Vorwoche hatten die Aufseher in Wien bereits eine Vervierfachung der Leerverkaufsmeldungen festgestellt. Das wahre Ausmaß der Spekulation wurde aber erst ersichtlich, als die Europäische Wertpapieraufsicht ESMA am Montag die Schwelle herabsetzte, ab der Leerverkäufe gemeldet werden müssen (von 0,2 auf 0,1 Prozent). "Nach Inkrafttreten der Herabsetzung der Meldeschwelle hat sich diese Anzahl auf rund das Zehnfache bis Zwölffache erhöht", sagt ein FMA-Sprecher. Dazu kommt noch die Dunkelziffer an Positionen unterhalb der Meldeschwelle. 

Darauf hin sah sich die Behörde zu einem Verbot gezwungen, um die "spekulativ überschießenden Reaktionen" und vor allem abgesprochene Short-Attacken einzudämmen. Insbesondere sei es darum gegangen, "konzertierte Aktionen" abzuwehren, so die Behörde. Man habe sich bis zum Schluss im Rahmen der ESMA stets um ein "europäisch harmonisiertes Vorgehen in dieser grenzüberschreitenden Situation bemüht", was aber nicht möglich war, wie der Sprecher bedauert.

Appell an Investoren
Einen Hinweis darauf, dass das Wiener Aktienparkett mehr als nur Pessimismus-getrieben in den Keller gejagt wird, ist der massive Abschlag der vergangenen Tage. Der Leitindex ATX hat sich seit Mitte Februar bis jetzt von rund 3.200 Punkten auf rund 1.600 Punkte halbiert. Das ist in relativen Werten deutlich mehr als die Pendants in Italien, Deutschland oder Frankreich einstecken mussten.

Die Wiener Börse wandte sich angesichts dessen am Donnerstag in einem Appell an die Öffentlichkeit, und bat, sich "nicht von österreichischen Aktien abzuwenden". Nie zuvor hätten die Unternehmen mehr Gewinne an die Anleger ausgeschüttet als im Vorjahr. Die Betriebe samt ihrer Ausrichtung in die Region Zentral- und Mitteleuropa, seien stabil und für die Zukunft aufgestellt. Österreich habe mit 3,14 Prozent des BIP die zweithöchste Forschungsquote Europas. "Diese Stärke verschwindet nicht in wenigen Tagen", heißt es. Die Bewertungen seien zu pessimistisch, der ATX notiere unter seinem Buchwert, das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis werde für 2020 auf nur sechs bis sieben geschätzt. (eml)