Ein in Deutschland aufgedeckter Fall möglichen Anlagebetrugs hat Auswirkungen bis Österreich. Am Dienstag ließ die Staatsanwaltschaft Dresden mit 400 Beamten Geschäftsräume und Privatwohnungen der Firmengruppe um Infinus und Future Business in mehreren Städten durchsuchen. Auch in Salzburg gab es Durchsuchungen – dort sitzt ein Partnerunternehmen des Finanzdienstleisters.

Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Vorwürfe gegen Topmanager von Infinus und Future Business im Wesentlichen auf ein ungewöhnliches Sparplangeschäft, mit dem der Dresdener Finanzdienstleister seine Geschäftszahlen aufpoliert hat. Gegen sechs Beschuldigte wurde Haftbefehl erlassen. Dabei handelt es sich um fast das gesamte Topmanagement und einen Aufsichtsrat der Unternehmensgruppe. Entsprechende Informationen wurden FONDS professionell ONLINE von mit der Sache vertrauten Kreisen bestätigt.

Die Beamten ermitteln wegen "Verdachts des Betruges zum Nachteil einer Vielzahl von Anlegern", wie es in einer am Mittwoch versendeten Stellungnahme des sächsischen Landeskriminalamtes (LKA) heißt. "Die Beschuldigten sollen bei der Ausgabe von Orderschuldverschreibungen in Verkaufsprospekten unrichtige Angaben zur Vermögens- und Ertragslage der Emittenten gemacht haben", so LKA und Staatsanwaltschaft weiter. Betroffen sein sollen rund 25.000 Anleger mit einem Investitionsvolumen von insgesamt rund 400 Millionen Euro.

Zwei Beschuldigte aus Österreich
Festgenommen wurde Informationen von FONDS professionell ONLINE zufolge unter anderem Jörg B., Gründer und Großaktionär der Future Business KGaA (Fubus), die als Holding der Firmengruppe dient und die die Orderschuldverschreibungen (Anleihen) ausgegeben hat.

In Untersuchungshaft sitzen außerdem Andreas K., Kewan K. und Rudolf O., die zusammen den Vorstand der größten Fubus-Tochter Infinus AG Ihr Kompetenz-Partner bilden, sowie Jens P., Aufsichtsrat der Fubus und Vorstand der Infinus AG Finanzdienstleistungsinstitut. Dieses rechtlich vom Rest der Firmengruppe separierte Institut hat die Orderschuldverschreibungen über seine 850 angeschlossenen Vermittler vertrieben. Beim sechsten Festgenommenen handelt es sich um Siegfried B., der bei allen drei genannten Firmen im Aufsichtsrat sitzt – bei zwei davon als Vorsitzender.

Zu den Beschuldigten zählen nach Angaben der Staatsanwaltschaft außerdem zwei Österreicher. Dabei handelt es sich Informationen von FONDS professionell ONLINE zufolge um René B., Geschäftsführer des Salzburger Edelmetallhändlers Terra Premium, und Johann M., den Eigentümer des Unternehmens. Beide sind als Aktionäre an Unternehmen der Fubus-Firmengruppe beteiligt.

Umsatz und Gewinn aufpoliert
Der Staatsanwaltschaft stößt vor allem ein in den Jahren 2011 und 2012 abgewickeltes Sparplangeschäft auf, mit dessen Hilfe das Unternehmen allein im Jahr 2012 Umsatz, Gewinn und operativen Cashflow um 80 Millionen Euro steigern konnte. Über diesen Deal hatte FONDS professionell in seiner Deutschland-Ausgabe bereits Ende September ausführlich berichtet (Hintergründe finden Leser auf der deutschen Website von FONDS professionell ONLINE).

Das Geschäft taugt als Musterbeispiel für kreative Buchführung. Basis sind die Gold-Sparpläne von Terra Premium. Für Anleger fallen dabei Kosten von zwölf Prozent der Sparplansumme an, die entweder komplett vorab oder mit den ersten Sparraten zu zahlen sind. Infinus hat diese Sparpläne nicht nur Anlegern verkauft, sondern auch dem eigenen Mutterkonzern Fubus.

Aus Kosten werden Gewinne
Schematisch läuft das Geschäft so: Für jede 100 Millionen Euro Sparplansumme zahlt Fubus 12 Millionen Euro an Terra Premium. Diese 12 Millionen Euro gelten als Anschaffungsnebenkosten und werden in der Bilanz als Sachanlagen ausgewiesen. Terra Premium wiederum behält die 12 Millionen Euro nicht komplett für sich, sondern überweist 11,9 Millionen davon an Infinus – als Provision. Diese 11,9 Millionen Euro erhöhen den Umsatz von Infinus und, da kaum Kosten damit verbunden sind, den Gewinn um die gleiche Summe. Über den Gewinnabführungsvertrag landet das Geld schließlich wieder in der Kasse des Mutterkonzerns. Im Ergebnis werden aus 100.000 Euro Einsatz auf dem Papier 11,9 Millionen Euro Gewinn.

Weiterer Nebeneffekt: Die erhaltenen Provisionen erhöhen den operativen Cashflow – im Beispiel um 11,9 Millionen Euro. Zwar steigen wegen der Kosten von 12 Millionen Euro auch die Auszahlungen für Investitionen entsprechend, weshalb sich unter dem Strich in der Kapitalflussrechnung nicht viel getan hat. Optisch allerdings sieht das Zahlenwerk viel besser aus: Für Anleihegläubiger ist ein hoher operativer Cashflow sehr beruhigend, weil er signalisiert, dass das Unternehmen seine Zinsen problemlos aus dem laufenden Geschäft bedienen kann.

Ohne das beschriebene Geschäft und bei sonst unveränderter Bilanzierung hätte der Fubus-Konzern 2012 keine 196 Millionen Euro Umsatz ausweisen können, sondern nur rund 114 Millionen Euro. Statt eines Gewinns wäre ein hoher Verlust gestanden. Und der operative Cashflow wäre nicht mit gut 55 Millionen Euro im Plus gewesen, sondern mit mehr als 25 Millionen Euro im Minus.

Staatsanwaltschaft lässt Vermögen sichern
Infinus-Vorstand K. räumte im September gegenüber FONDS professionell ein, dass das Sparplangeschäft tatsächlich die beschriebenen Auswirkungen auf die Geschäftszahlen hatte. Aus dem Fubus-Jahresfinanzbericht für 2012 gehen zwar grob die Kosten des Sparplangeschäfts hervor. Es steht jedoch kein Wort davon zu lesen, dass große Teile des Umsatzes und des abgeführten Gewinns der Tochter Infinus auf diesen Deal zurückzuführen sind. Dies sollte sich nach den FONDS professionell Recherchen ändern: "Dass die Anschaffungsnebenkosten über den Gewinnabführungsvertrag mit der Infinus AG Ihr Kompetenz-Partner größtenteils wieder dem Konzern zufließen, wird im kommenden Emissionsprospekt ausführlich erklärt und mit Zahlen dokumentiert", teilte Fubus mit.

Der Staatsanwaltschaft reichte diese Ankündigung offensichtlich nicht. Sie ließ bei einer Razzia am Dienstag eine "Vermögenssicherung in erheblichem Umfang" vornehmen.

"Wie vom Blitz getroffen"
Kontaktversuche zu den fünf Infinus- und Fubus-Topmanagern blieben erfolglos. Die Kanzlei von Aufsichtsrat B. wollte sich nicht äußern. Terra-Premium-Geschäftsführer B. war zunächst nicht zu erreichen. Der Terra-Premium-Eigentümer dagegen war zu sprechen. "Wir fühlen uns wie vom Blitz getroffen", sagte M. gegenüber FONDS professionell ONLINE. Terra Premium sei ein reines Handelshaus, er könne sich nicht erklären, weshalb sein Unternehmen in die Vorwürfe eingebunden sei. Man arbeite eng mit den Staatsanwaltschaften Dresden und Salzburg zusammen und werde bei der Aufklärung behilflich sein. Terra-Premium-Geschäftsführer B. schloss sich an. Er sagte außerdem, er sei davon überzeugt, dass sich die Anschuldigungen in Luft auflösen werden.

M. legt Wert auf die Feststellung, dass sein Unternehmen keineswegs exklusiv mit der Infinus-Gruppe zusammengearbeitet habe. "Wir haben Verträge mit mehr als 280 Vertriebspartnern in Deutschland", sagte er. Kommissionsgeschäfte wie mit Infinus habe es auch mit anderen Organisationen gegeben.

Dass er Aktien eines Unternehmens aus dem Future-Business-Konzern halte, habe einen einfachen Grund: "Ich beteilige mich grundsätzlich an den Unternehmen, mit denen wir eng zusammenarbeiten – das handhabe ich schon viele Jahre so." Zu Details wollte er sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. (bm)