Die Aussicht auf Währungsgewinne ist seit langem ein wichtiger Anziehungspunkt für Investoren, die ein Engagement in chinesische Vermögenswerte suchen. Jedoch bekundete die Chinesische Notenbank – The People´s Bank of China (PBOC) – Mitte März, dass der Renminbi nahe einer ‚ausgeglichenen‘ Bewertung zu anderen Währungen sei.  Anthony Chan, Ökonom für die asiatischen Märkte bei ACMBernstein in Hongkong, erklärt, warum der Aufwärtstrend der chinesischen Währung seiner Einschätzung nach trotzdem noch lange nicht zu Ende ist.  

Er geht davon aus, dass die Chinesische Notenbank mit der Währungsbewertung Mitte März offenbar auf den jüngsten Rückgang des chinesischen Handelsüberschusses reagierte. Dieser war in den letzten Monaten immer kleiner geworden. Im Februar verzeichnete China das größte monatliche Handelsdefizit seit 1989. Ein Grund: Die Konjunkturschwäche in Europa und anderen Industrieländern, die weniger chinesische Exportgüter nachfragten. Gleichzeitig haben steigende Energie- und Rohstoffpreise die Importpreise nach oben getrieben. Zusammen mit den höheren Kapitalabflüssen in der zweiten Jahreshälfte 2011 hat der jüngste Rückgang des Handelsüberschusses das Wachstum der enormen Fremdwährungsreserven Chinas gebremst und den Aufwertungsdruck auf den Renminbi gemindert.   

Nur das Handelsdefizit im Februar zu betrachten, ist jedoch zu eng gedacht, wie Chan anmerkt. Die Februardaten sind aufgrund des chinesischen Neujahrsfestes verzerrt. Dieses dauert traditionell eine Woche und belastet am Anfang jeden Jahres das Handelssaldo. Wenn sich die Entwicklung der vergangenen Jahre wiederholt, dürfte im zweiten Quartal eine erhebliche Verbesserung eintreten. 

Laut Einschätzung von Chan und seinen Kollegen wird der chinesische Handelsüberschuss vermutlich auch 2012 etwa zwei Prozent des BIP beziehungsweise 150 Milliarden US-Dollar betragen und möglicherweise sogar noch etwas steigen, wenn die Ölpreise fallen oder die Exportnachfrage im Jahresverlauf anzieht. Die Fundamentaldaten sprechen also weiter eher für einen starken als für einen schwachen Renminbi.   

Renminbi-Aufwertung verringert die Exportabhängigkeit

Seit China sein Währungsregime in 2005 etwas gelockert hat und von einem festen zu einem flexiblen System übergegangen ist, hat der Renminbi im Vergleich zu dem gewichteten Durchschnitt der zentralen Währungen um etwa 20 Prozent aufgewertet. Im gleichen Zeitraum haben sich die Währungsreserven des Landes mehr als vervierfacht, weil die chinesische Notenbank enorme Mengen an Fremdwährungen erworben hat (vor allem US-Dollar), um die Aufwertung des Renminbi zu bremsen. Die Währung dürfte also noch weiterhin eine Menge Aufholbedarf haben.

Als weiterer Grund für eine Renminbi-Aufwertung spricht Chan zufolge, dass es China hilft die Wirtschaft weniger exportabhängig zu machen. Die chinesische Politik versucht, die Exportabhängigkeit durch die Förderung der Binnennachfrage zu verringern. Ein stärkerer Renminbi könnte diesen Wandel erleichtern, weil sich die Chinesen dann mehr Importgüter leisten können.  

Außerdem kann eine starke Währung dazu beitragen, die Inflation zu bremsen. Angesichts der steigenden Energie- und Rohstoffpreise ist das besonders wichtig. Zurzeit ist Asien der größte Verbraucher von Öl und Rohstoffen weltweit, mit China an der Spitze. Stärkere asiatische Währungen könnten dazu beitragen, die Last der Energieimporte zu mindern. 

Schließlich gehen Chan und seine Kollegen davon aus, dass im Zuge der Liberalisierung des chinesischen Finanzsektors auch die Investitionen aus dem Ausland steigen werden. Die Zuflüsse ausländischen Kapitals nach China, wo die Renditen erheblich höher sind als in den Industrieländern, dürften auch in den nächsten Jahren eine Aufwertung der Währung begünstigen.  

Das Fazit der ACMBernstein-Experten lautet: Trotz aller gegenteiligen Berichte und Diskussionen sei davon auszugehen, dass der Renminbi sowohl im Jahr 2012 als auch in den Folgejahren weiter in moderatem Tempo aufwertet. (ir)