Europaweit ist die Neuvergabe von Immobilienkrediten seit Mitte vergangenen Jahres stark eingebrochen. Schuld sind die steigenden Zinsen bei hohen Immobilienpreisen, die dafür sorgen, dass sich die Bürger Wohneigentum immer schwerer leisten können. In Österreich monieren die Banken, dass darüber hinaus die KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) zu streng sei – trotz der im April eingezogenen Lockerungen. Mit der Verordnung verhängte die Finanzmarktaufsicht (FMA) im August vergangenen Jahres klare Vergabestandards für Mindesteigenkapital, Schuldendienstquote und Maximallaufzeit. Der Grund: Österreichs Banken hatten in hohem Ausmaß Kredite nach nicht nachhaltigen Standards vergeben, was aus Sicht der Aufseher die Finanzmarktstabilität gefährden hätte können.

Nun verweisen Österreichs Banken auf Tschechien, wo die Nationalbank per 1. Juli 2023 die bisherige verpflichtende Schuldendienstquote – also den maximalen Anteil vom Einkommen, den Kreditnehmer für die Rückzahlung verwenden sollen – aufgehoben hat. Tschechien stehe vor einer ähnlichen Situation mit stark rückläufigem Volumen bei Wohnbaukrediten, sinkenden Immobilienpreisen und abschmelzendem Wirtschaftswachstum. Das Umfeld mit hoher Inflation und hohen Zinssätzen habe jedoch keine negativen Auswirkungen auf die Kreditausfälle gehabt, argumentiert die WKO-Bundessparte Bank. 

Cernko fordert Abschaffung der Regeln
Willi Cernko, Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung, fordert nun "aufgrund ähnlicher Rahmenbedingungen in Österreich" nicht nur eine Lockerung bei der Schuldendienstquote. Er erwarte bei der Evaluierung der KIM-Verordnung im Herbst "eine Abschaffung der verschärften Vergaberegeln und eine Rückkehr zur Normalität".

In Österreich liegt die Schuldendienstquote gemäß der KIM-VO bei 40 Prozent des Haushaltseinkommens. In Tschechien lag diese Quote laut WKO vor der nunmehrigen Novellierung bei 45 Prozent (bei Kreditnehmern unter 36 Jahren bei 50 Prozent). Mit der Novellierung wurde die DSTI (Debt-service-to-income-ratio / Schuldendienstquote) in Tschechien per 1. Juli komplett auf null gesetzt, wie es bei der Banksparte heißt.

Im nicht zum Euroraum gehörenden Tschechien ist die im Hintergrund stehende Zinssituation anders als in Österreich. Der Leitzins liegt dort bei sechs Prozent, während es in der Eurozone vier Prozent sind. (eml)