Ab Beginn 2020 müssen sich Versicherungsvermittler in Österreich endgültig entscheiden, ob sie als gebundener Agent tätig sind, der im Auftrag der Versicherung berät, oder als unabhängiger Makler, der rein dem Kunden verpflichtet ist. Wer sich nicht selbst entscheidet, gilt als Agent und verliert seine Maklerberechtigung. Diese Regelung ist das Ergebnis eines langwierigen und verworrenen Umsetzungsprozesses der IDD, bei dem die Verbandschefs der Makler und der Agenten auf eine klare Trennung gedrängt haben.

Doch bei den Vermittlern selbst, insbesondere aber bei den Vermögensberatern, sorgt die so genannte "Statusklarheit" für Unmut. Die zahlreichen Anbieter mit Doppelfunktion fürchten, dass sie große Teile ihres Geschäftes verlieren (FONDS professionell berichtete).

Verfassungsklage: "Drohender Provisionsverlust"
Die Kanzlei Neumayer, Walter und Haslinger hat nun eine Verfassungsbeschwerde eingebracht. Betroffene können sich daran beteiligen. Laut den Anwälten haben mehr als 14 Prozent der Agenten eine Doppelberechtigung und über 21 Prozent der Vermögensberater.

Laut Anwalt Johannes Neumayer droht der Verlust jenes Kundenstocks, für den die Berechtigung zurück gelegt werden muss. Gleichzeitig könne man unter Umständen auch Provisionen auf bereits vermittelte Verträge verlieren, "weil praktisch alle Maklerverträge und Agenturverträge mit Versicherungsunternehmen vorsehen, dass Provisionen nur bei aufrechter Gewerbeberechtigung als Makler oder Agent gebührt und die Verträge bei Wegfall der entsprechenden Gewerbeberechtigung diese vom Versicherer aus wichtigem Grund aufgekündigt werden könnten". Dadurch seien Folgeprovisionen bedroht beziehungsweise auch Abschluss- oder Betreuungs- und Indexprovisionen, die auf mehrere Jahre verteilt werden und die nur bei aufrechter Kundenbetreuung ausbezahlt werden.

"Verstoß gegen die Erwerbsfreiheit"
Neumayer sieht einen "gravierenden Verstoß gegen die Grundrechte der Erwerbsfreiheit, des Gleichheitsgrundsatzes und des Eigentumsrechts durch ein unnötiges Berufsverbot". Die IDD verlange nur, dass dem Kunden vorab der Status mitzuteilen ist (Artikel 18). Der österreichische Weg sei unnötig und darüber hinaus ungerecht: Jeder nicht österreichische Vermittler könne grenzüberschreitend oder mit Niederlassung in Österreich problemlos beide Berechtigungen ausüben.

Ein Branchenteilnehmer, der die Einbringung der Verfassungsbeschwerde mitinitiierte, sagt gegenüber FONDS professionell ONLINE, die strikte Trennung zwischen Versicherungsmaklern und -agenten könnte zur Folge haben, dass gewisse Maklerleistungen in Zweifel gezogen werden. Dies deshalb, weil sie aufgrund von Exklusivitätsklauseln, wonach die Interessen des Versicherer zu wahren sind, nach den strengen neuen Regeln möglicherweise eher in das Feld der Versicherungsagenten fallen: Es geht um Rahmenverträge etwa im Bereich Berufshaftpflicht oder der Krankenversicherung für Gewerbetreibende, die die Fachorganisationen unter zuhilfenahme eines Versicherungsmaklers exklusiv mit gewissen Versicherern abgeschlossen haben.

Streit: Exklusivität oder nicht
Eine Exklusivitätsklausel bedeute, dass der Versicherungsmakler nicht mehr ausschließlich im Sinne des Kunden agiert (§ 27 MaklerG) und daher die Vermittlung einer Polizze aufgrund eines solchen Rahmenvertrags dem Versicherungsagentengewerbe zuzurechnen sei, so der Branchenteilnehmer. Es gebe zahlreiche derartige Rahmenverträge, wo eine genaue Einstufung (Makler/Agent) zweifelhaft ist.

So haben zum Beispiel die beiden Versicherungsmaklerkanzleien Cebco und Verag in Kooperation mit der Wirtschaftskammer die Arge IC (zusatzversichert.at) gegründet, die die Konzeption, Ausschreibung, Herstellung und Betreuung der Kranken-Gruppenversicherungsverträge zur Aufgabe hat – diese Arge IC hat einen Rahmenvertrag mit einer Versicherung abgeschlossen. Cebco gehört dem Fachverbandschef der Versicherungsmakler, Christoph Berghammer, bei der Verag wiederum ist der stellvertretende Versicherungsmaklerobmann Rudolf Mittendorfer Gesellschafter.

"Das ist ein Blödsinn"
Makler-Chef Berghammer ärgert sich massiv über die behaupteten Exklusivitätsklauseln und widerspricht entschieden der Ansicht, dass das Thema der Statusklarheit bei den Gruppenversicherungen eine Rolle spielen könnte. "Das ist ein Blödsinn. Es gibt keine Exklusivität", so Berghammer gegenüber der Redaktion. Dem Vertrag mit der Versicherung sei eine Ausschreibung vorausgegangen, bei der der Bestbieter ausgewählt worden sei, so Berghammer. Schon allein die Suche des Bestbieters sei eine Maklertätigkeit. Der Prozess sei von einer renommierten Anwaltzkanzlei begleitet worden. Noch dazu stehe jedem Makler frei, welchen Vertrag er vertreibe.

Darüber hinaus bestätige ein Gutachten von Peter Jabornegg von der Johannes-Kepler-Universität Linz, dass die Statusklarheit im Sinne der IDD ist. Einer Verfassungsklage sieht Berghammer daher gelassen entgegen. (eml)

Update 3.7.2019: Die Aussagen von Versicherungsmaklerobmann Christoph Berghammer wurden aktualisiert.