Bei der Pensionsreform 2004 wurde zwar ein Pensionskonto eingeführt, das den Bürgern ihre Guthaben anzeigen soll. Weitere Anpassungen, die das Pensionssystem automatisiert mit der Bevölkerungsentwicklung weiterentwickeln, wurden aber nicht gemacht. Stattdessen wurde damals die Alterssicherungskommission geschaffen. Ihr käme eine wesentliche Aufgabe zu: Sie müsste eigentlich alle drei Jahre einen Bericht über die langfristige Entwicklung und Finanzierbarkeit bis zum Jahr 2050 erstellen und beurteilen, ob Änderungen im Pensionssystem nötig sind. Doch ihre Arbeit in den Jahren 2017 bis 2022 erachtet der Rechnungshof als "unzureichend", wie die Prüfer in einer Aussendung schreiben.

2017, im Jahr ihrer Gründung, kam die Alterssicherungskommission ihrer Verpflichtung zur Berichterstattung nicht nach. Erst 2021 legte sie ein "Langfristgutachten" vor. Doch weder die Alterssicherungskommission noch die Bundesregierung äußerten sich darin umfassend zur Frage der langfristigen Finanzierbarkeit des Pensionssystems, kritisiert der RH. "Außerdem unterließ die Bundesregierung die erforderliche Berichterstattung an den Nationalrat", wie es heißt.

Fehlende Führung
Einmal mehr zeigt der RH darüber hinaus das Problem auf, dass im Staat wichtige Funktionen aufgrund politisch motivierter Differenzen nicht besetzt werden: Weil keine Einigung über den Vorsitz zustande kam, konnte die Kommission erst im November 2019 zur konstituierenden Sitzung zusammentreffen. Anfang 2022 legte der Vorsitzende schließlich sein Amt zurück; das Amt ist bis heute unbesetzt. Der Vorsitz ist vom Sozialminister im Einvernehmen mit Bundeskanzler und Finanzminister zu bestellen.

Das fehlende Engagement in dem Bereich führt dazu, dass es in dem für den Staat wesentlichen Pensionsthema keine klare Linie gibt: Trotz ähnlicher Prognosen (etwa Demografie, Beschäftigung etc.) fallen laut RH die langfristigen Analysen über die Nachhaltigkeit des Pensionssystems unterschiedlich aus. So sagt etwa der Fiskalrat, dass die Nachhaltigkeit durch den Anstieg demografieabhängiger Ausgaben langfristig nicht gesichert sei. Die Alterssicherungskommission hingegen machte in ihren Beschlüssen dazu keine Aussage und schlug auch keine Reformmaßnahmen vor. "Es fehlen klare Kriterien, um beurteilen zu können, ob das Pensionssystem nachhaltig ist", kritisieren die Prüfer.

Hin und Her
Die Folgen sind im wenig stringenten politischen Handeln zu sehen: Das Pensionsrecht wurde zwischen 2005 und 2022 insgesamt 29 Mal maßgeblich geändert, wie der RH betont; die finanziellen Auswirkungen wurden dabei aber oft nicht dargelegt. Eine klare Strategie sei "nur teilweise zu erkennen". So wurde bei den Reformen der Jahre 2003 und 2004 die Pensionsanpassung im ersten Jahr nach dem Pensionsantritt ausgesetzt. Zwischen 2008 und 2010 wurde sie wieder eingeführt, 2011 erneut ausgesetzt. Für die Jahre 2019 und 2020 wurde sie abermals eingeführt, ab 2021 schließlich in der gesetzlichen Pensionsversicherung in eine aliquote Anpassung im ersten Jahr umgewandelt.

Kritisch hielt der RH außerdem fest, dass die Pensionen seit 2005 nur zwei Mal (wie vorgesehen) im Einklang mit dem Verbraucherpreisindex angepasst wurden. Noch dazu führen die zwischen 2005 und 2022 beschlossenen Eingriffe in das Pensionsrecht zu Teuerungen gegenüber der Rechtslage 2004. Ab 2036 werden die Aufwendungen weiter steigen – insbesondere durch die Wiedereinführung der Abschlagsfreiheit bei vorzeitigen Alterspensionen beziehungsweise den Frühstarterbonus. Diese Maßnahmen wurden in den Jahren 2019 bis 2021 beschlossen.

Effektives Pensionsantrittsalter stagniert
Zwar stieg das effektive Pensionsantrittsalter von 2004 bis 2021 im Schnitt um 2,8 Jahre. Doch wenn die Angleichung des Frauenpensionsantrittsalters an jenes der Männer (65 Jahre) abgeschlossen ist, kommt es zu einer Stagnation. Ab Mitte der 2030er Jahre dürfte das effektive Antrittsalter stagnieren, obwohl die Lebenserwartung weiter steigt. "Dies ist Ausdruck einer fehlenden Strategie zum künftigen Umgang mit dem Pensionsantrittsalter. Die Anhebung des effektiven Pensionsantrittsalters und gegebenenfalls auch des gesetzlichen Pensionsantrittsalters wäre eine wichtige Handlungsoption", schreibt der RH.

Enorm ist der Beitrag, der über das Budget finanziert werden muss: Rund 30 Prozent der Aufwendungen – 14,165 Milliarden Euro – wurden im Jahr 2020 öffentlich finanziert, davon 10,197 Milliarden Euro aus dem Bundesbeitrag. Wobei die Pensionen für Beamte bei 12,7 Milliarden Euro lagen. Die Pflichtbeiträge der Erwerbstätigen machten 32,526 Milliarden Euro aus. Insgesamt lag der Aufwand für die gesetzliche Pensionsversicherung bei 47,254 Milliarden Euro, davon der Pensionsaufwand bei 41,673 Milliarden Euro. Der Rest entfiel beispielsweise auf die Ausgleichszulage. (eml)