Quellensteuern sind ein Ärgernis für Anleger, die ausländische Aktien besitzen. Die Rückerstattung ist langwierig und kompliziert, jeder Staat hat eigene Fristen und Formulare, die manchmal nur in der Landessprache verfügbar sind, und viele Länder reagieren nicht einmal auf Anträge. Italien etwa ist bekannt für seine nicht vorhandene Bereitschaft, solche Forderungen zu bearbeiten. Viele Anleger schenken sich den Stress und damit den Staaten sehr viel Geld – um die sechs bis acht Milliarden Euro dürften laut Schätzungen der EU-Kommission jährlich an Kosten und entgangenen Erträgen in der EU für die Anleger anfallen. 

Der österreichische Interessensverband der Anleger (IVA) macht nun auf eine Lösung aufmerksam: Das Münchner Fintech Divizend biete erstmals ein digitales Tool an, das den Prozess erleichtert. Laut den Angaben muss man das eigene Wertpapierdepot in die Divizend-Lösung importieren, woraufhin eine Übersicht aller erhaltenen Dividendenzahlungen und möglichen Rückerstattungen aufgeschlüsselt wird, jeweils gruppiert in entsprechende Länder. Nach dem Import führe die Anwendung Schritt für Schritt durch den gesamten Antrag. Zum Ende werden versandfertige Formulare bereitgestellt. Wo es die ausländischen Steuerbehörden erlauben, können Anträge auch direkt digital übermittelt werden. Divizend erhält vom rückerstatteten Betrag 17,5 Prozent, beziehungsweise gibt es einen Rabatt für IVA-Mitglieder.

Betrifft auch Fondsanleger
Grundsätzlich betrifft die Quellensteuerfrage in Österreich auch Fondskunden, denn besteuert wird hierzulande nicht der Fonds, sondern der einzelne Kunde. Dieser müsste eigentlich auch den Quellensteuern nachlaufen. Das Divizend-Tool ist nach Eigenangaben auch für diese Erträge gerüstet. Entscheidend für eine Rückerstattung auf Ebene des Endkunden seien die Abrechnungsbelege der Bank, heißt es beim Unternehmen. Wenn dort auf dem einzelnen Kundenbeleg Quellensteuer einbehalten worden ist, kann diese rückerstattet werden. Über die Plattform könne jegliche Form der Quellensteuer zurückgefordert werden.

Die Europäische Kommission hat am 19. Juni 2023 einen Vorschlag für eine Richtlinie über schnellere und sicherere Verfahren für die Entlastung von überschüssigen Quellensteuern (FASTER-Richtlinie) vorgelegt. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis zum 31. Dezember 2028 in nationales Recht umsetzen, die nationalen Vorschriften werden allerdings erst ab dem 1. Januar 2030 anwendbar. Jedes Jahr könnten sich Kleinanleger allein durch diese Maßnahmen gut fünf Milliarden Euro sparen. 

Quellensteuern
Die Probleme bei der Quellensteuer entstehen, weil das ausländische Finanzamt oft einen höheren Betrag einbehält als in den Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart, die die Staaten untereinander abgeschlossen haben. Meist wurden in den DBAs zwischen Österreich und anderen Ländern 15 Prozent vereinbart. Was der Fiskus eines anderen Staates darüber hinaus einhebt, kann man rückfordern. (eml)