Ein Provisionsverbot führt nicht zu höheren Renditen für Privatanleger, es verhindert sogar, dass diese sich stärker an den Kapitalmärkten beteiligen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, für die der deutsche Fondsverband BVI Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) und der englischen Statistikbehörde Office for National Statistics (ONS) ausgewertet hat. "Die EU-Kommission untergräbt mit dem Vorschlag eines Provisionsverbots ihre eigenen Ziele", sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Zwar hat die EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness vorerst auf ein umfassendes Provisionsverbot verzichtet. Doch die Idee ist noch nicht vom Tisch. Als erster Schritt sollen Provisionen im beratungsfreien Vertrieb verboten werden.

McGuinness will mit dem Verbot die Produktkosten senken, in der Annahme, dass Anleger auf diese Art höhere Renditen auf ihr Geldvermögen erzielen. Die BVI-Studie kommt jedoch zu dem Resultat, dass diese These unzutreffend ist. In Großbritannien und in den Niederlanden habe sich die Portfoliorendite in Folge des dort vor rund zehn Jahren eingeführten Verbots nicht verändert, schreiben die Autoren. Andere Effekte hätten die geringeren Kosten der provisionsfreien Produkte offenbar ausgeglichen. 

Mehrere Erklärungen
Für die unveränderte Portfoliorendite gibt es der Studie zufolge mehrere mögliche Erklärungen: So werden Vertriebskosten durch ein Provisionsverbot etwa nicht reduziert, sondern nur gesondert gezahlt. Außerdem könnten sich durch eine Beratungslücke private Haushalte weniger an den Kapitalmärkten, zum Beispiel über Fonds, beteiligen. Damit würden ihnen Renditechancen entgehen.

Die BVI-Auswertung legt dar, dass Privatanleger in England und den Niederlanden aufgrund des Provisionsverbots tatsächlich weniger in Fonds investieren. Der Verband beziffert diesen Rückgang auf im Schnitt knapp 340 Euro pro Jahr und Kopf. Auf Sicht von 30 Jahren und bei einer unterstellten Wertsteigerung von jährlich sechs Prozent würde sich der Effekt des Verbots auf eine Renditeeinbuße von rund 20.000 Euro summieren, wenn das Geld stattdessen unverzinst auf dem Konto läge. "Bei Fonds verhindern also Verbote – nicht die Provisionsberatung – eine stärkere Beteiligung privater Anleger an den Kapitalmärkten. Das widerspricht allem, was die EU erreichen will", sagt Richter.

Die Datenbasis
Der BVI hat für die Untersuchung öffentlich verfügbare Daten zu Bankeinlagen, Versicherungen, Pensionsfonds, Anleihen, Aktien und Investmentfonds im Zeitraum von Anfang 1999 bis Ende März 2023 ausgewertet. Zur Ermittlung der Portfoliorendite hat der Verband die quartalsweise Veränderung des Geldvermögens um die jeweiligen Zu- und Abflüsse bereinigt. Der Fondsverband hat nach eigenen Angaben durch den Aufbau seiner Studie ausgeschlossen, dass länderspezifische Effekte oder unterschiedliche Kapitalmarktrenditen vor und nach Einführung der Provisionsverbote fälschlicherweise als deren Folge gewertet werden. (am)