In Übernahmepläne Eingeweihte kaufen börsengehandelte Indexfonds (ETFs), um ihre Transaktionen zu verschleiern. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie eines Forscherteams der Stockholm School of Economics in Riga sowie der University of Technology in Sydney. Demnach fanden die Studienautoren an den US-Börsen eine "signifikante" Zahl an auffälligen Käufen bei ETFs, die für Insiderdeals infrage kommen. Insidern ist es verboten, ihr Wissen etwa über eine Unternehmensübernahme zu nutzen und entsprechende Aktien zu handeln.

Doch offenbar umschiffen Insider zunehmend dieses Verbot, indem sie ihre Transaktionen kaschieren und statt der entsprechenden Aktien einfach ETFs kaufen, in denen der betroffene Titel enthalten ist. Zudem lassen sich ETFs einfach sowie günstig handeln und sind mitunter liquider als einzelne Aktien. Weiterhin enthalten die Indexfolger neben den betroffenen Übernahmetiteln auch Wertpapiere von Unternehmen aus derselben Branche, die mitunter ebenfalls mit Kurssprüngen auf die Ankündigung eines Zusammenschlusses reagieren. Die Insider profitieren also von mehreren Kurssteigerungen und streuen zugleich die Risiken.

Auffälliger Anstieg der Handelsaktivitäten
Das Forscherteam konzentrierte sich bei der Untersuchung auf Übernahmen, da diese einen markanten Einfluss auf den Aktienkurs haben und zudem meist überraschend auftreten. Der Anreiz für Insider ist entsprechend hoch, daraus Gewinn zu schlagen. Dagegen ließen sich Auffälligkeiten rund um die Bekanntgabe von Gewinnzahlen nur schwer aus den Handelsdaten herausfiltern, merken die Autoren an. Denn vor den regelmäßigen Berichterstattungsdaten der Unternehmen werden an den Börsen besonders viele Käufe und Verkäufe getätigt, etwa für Absicherungsgeschäfte.

Für die Studie untersuchten die Autoren in der Zeit von 2009 bis 2021 jeweils für die fünf Tage vor der Ankündigung einer Übernahme das Handelsvolumen bei passenden ETFs. Die Forscher stießen bei drei bis sechs Prozent der ETFs auf einen auffälligen Anstieg der Handelsaktivitäten. Im gesamten Untersuchungszeitraum kam es so zu per ETF kaschierten Insiderdeals mit einem Volumen von 2,75 Milliarden US-Dollar, schätzt die Gruppe. Besonders häufig stießen die Autoren in den Branchen Gesundheit, Technologie und Industrie auf Auffälligkeiten.

Deutlicher Anstieg der "Schatten"-Deals
Fälle, bei denen vor der offiziellen Offerte bereits Informationen in die Öffentlichkeit gedrungen waren, schlossen die Forscher aus. Zudem filterten die Akademiker statistische Ausreißer heraus und stellten mit Gegentests sicher, dass die auffälligen Anstiege beim ETF-Handelsvolumen nicht rein zufällig zustande kamen. So verglichen sie etwa für die betroffenen Tage die Handelsaktivitäten der für "Schatten"-Deals passenden ETFs mit anderen Indexfonds, die nicht für Insidertransaktionen taugen.

Schließlich beobachteten die Forscher einen deutlichen Anstieg der kaschierten Insiderdeals per ETFs. So stießen die Autoren von 2009 bis 2013 lediglich bei zwei bis fünf Prozent der infrage kommenden ETFs auf einen möglichen "Schatten"-Insiderhandel. 2014 bis 2019 stieg der Anteil auf sieben bis 14 Prozent. Doch 2020 und 2021 ebbte das Phänomen fast vollständig ab. Die Forscher präsentieren dafür zwei mögliche Erklärungen. Entweder stieg das allgemeine Handelsvolumen bei ETFs so stark an, dass sich keine statistischen Auffälligkeiten mehr herausfiltern lassen, oder das verstärkte Augenmerk der Börsenaufsicht schreckte die Insider ab.

Indirekter Insiderhandel
Die Studienautoren verweisen dabei auf den ersten Fall, bei dem die US-Börsenaufsicht SEC im Jahr 2021 einen ehemaligen Mitarbeiter einer Biotechnologie-Firma des indirekten Insiderhandels beschuldigte. Das Unternehmen war vom Pharmariesen Pfizer übernommen worden. Der Mitarbeiter hatte sein Wissen über den anstehenden Deal ausgenutzt und Optionen auf Aktien eines ganz anderen Biotechnologie-Unternehmens erworben. Dessen Aktienkurs kletterte mit Bekanntgabe der Übernahme ebenfalls um acht Prozent. Dieser indirekte Insiderhandel genügte der SEC erstmals für eine Anklage. Rechtlich gesehen bewegen sich Insider mit "Schatten"-ETF-Käufen wohl in einer Grauzone, die jedoch verstärkt in den Fokus der Aufseher rücken dürfte. (ert)