Ein brisantes Urteil fällte kürzlich das Handelsgericht Wien. Der VKI ging im Auftrag des Sozialministeriums gegen eine Klausel in den Versicherungsbedingungen für die Pensionsversicherung der UNIQA Österreich Versicherungen AG (Stand 1.4.2016) vor: "Im Falle eines wirksamen Rücktritts endet der Versicherungsschutz, und wir erstatten Ihnen den dann anfallenden Rückkaufswert. Der Rückkaufswert kann unter der Summe der einbezahlten Prämien liegen."

Demnach sollten im Fall eines Rücktritts von der Lebensversicherung im Sinne des § 165a VersVG nicht die einbezahlten Prämien, sondern nur der niedrigere Rückkaufswert ausgezahlt werden, also jener Wert, der auch im Fall einer Kündigung (=Rückkauf) einer Lebensversicherung zusteht. Die Versicherung berief sich zur Verteidigung der Klausel auf den Gesetzestext des § 176 VersVG, wonach der Versicherer im Fall einer Aufhebung einer Kapitalversicherung durch Rücktritt den "auf die Versicherung entfallenden Rückkaufswert" zu erstatten hat. 

"Rücktritt wäre gröblich benachteiligend"
Das HG Wien geht davon aus, dass § 176 VersVG keine unbedingte Beschränkung der Rückabwicklungsansprüche der Versicherungsnehmer im Fall eines Rücktritts enthält. Daher ist der Ausschluss von Ansprüchen bei derartigen ex-tunc-Abwicklungen in Folge eines Rücktritts laut dem Urteil gröblich benachteiligend.

Eine derartige Auslegung des § 176 VersVG ist aus grammatikalischer und teleologischer Sicht erforderlich. Die Klausel ist zudem auch intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG, weil sie auf einen Rückkaufswert abstellt, ohne festzulegen, nach welchem Parameter dieser zu ermitteln ist. Das Urteil ist allerdings bislang nicht rechtskräftig.

Auswirkungen auf Fälle rund um "Fehlerhafte Rücktrittsbelehrung"
Wesentlich könnte das Urteil des HG Wien vor allem in Hinblick auf die grundlegenden Entscheidungen von EuGH und OGH sein, wonach der "unbefristete" Rücktritt bei fehlerhafter Belehrung über das Rücktrittsrecht auch noch Jahre nach Abschluss oder Rückkauf einer Lebensversicherung möglich ist.

Das aktuelle Urteil birgt Zündstoff, da es die Rechtsansicht des VKI stützt, wonach im Folge des Rücktritts durch den Versicherungsnehmer eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung (Prämien + zumindest vier Prozent Zinsen minus einer Abgeltung für die Ablebensschutzkomponente) möglich ist, und nicht bloß – so die Einwände vonseiten der Versicherer – wie bei einer Kündigung der Rückkaufswert auszuzahlen ist. (gp)