Die neue EU-Richtlinie Mifid II besagt, dass Banken ihre Analysen separat von Broker-Diensten in Rechnung stellen müssen. Doch das widerspricht dem, was in den USA gilt. Dort ist ein solcher Ansatz verboten, es sei denn, eine Bank lässt sich als Investmentberater registrieren. Das aber wollen amerikanische Banken tunlichst vermeiden, da es eine Art Fürsorgepflicht gegenüber Kunden schafft und sie im Handel einschränkt, berichteten zwei informierte Personen gegenüber Bloomberg News.

"Das Einhalten der Anforderungen aus einer Fürsorgepflicht, die gelten würde, führt zu sehr signifikanten operativen und Kostenproblemen“, sagt William Yonge, Partner in London bei der Anwaltskanzlei Morgan Lewis. "Das ist eine unverhältnismäßige Lösung, um Geld von EU-Managern anzunehmen, die unter Mifid II kaum Analysen von ihren Broker-Dealern bekommen werden.“

Die breite aufsichtsrechtliche Neuornung in der EU tritt am 3. Januar 2018 in Kraft. Damit will die Region die Transparenz auf den Finanzmärkten verbessern – eine Reaktion auf die globale Finanzkrise von 2008. Das Mifid-II-Regelwerk enthält eine ganze Reihe von Vorgaben für den Finanzsektor, doch die Änderungen dazu, wie Analysen geteilt und bezahlt werden, zählen zu den umstrittensten.

Lösung bis Jahresende?
"Das ist ein Top-Thema. Wir sind ein globales Analyse-Unternehmen mit Kunden in aller Welt“, sagte Terry Sinclair, Director des Analyse-Bereichs von Citigroup in London. Die US-amerikanische Großbank führt "Diskussionen mit der Aufsicht, wird sich aber zu deren potentiellen Ergebnissen nicht äußern“. Sinclair weigerte sich, Aussagen dazu zu treffen, ob seine Bank einigen europäischen Kunden den Zugang zu Analysen verweigern wird.

Ab dem kommenden Jahr müssen EU-Investmentmanager ihre Kosten für Analysen entweder aus ihren eigenen Gewinn-und-Verlust-Konten oder aber mittels Analyse-Bezahl-Konten (RPA) begleichen, die an Handelskommissionen angebunden sind. Doch beide Optionen zur Entbündelung scheinen gegen US-Gesetze in unterschiedlichem Umfang zu verstoßen, wie Rechtsexperten auf Nachfrage von Bloomberg.

Vertriebsstopp angedacht
US-Banken machen sich Sorgen, dass die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC ihnen keine Ausnahmegenehmigung erteilen wird, um Barmittel für Analysen in Europa akzeptieren zu dürfen. Das berichteten ein Bankmanager und Rechtsexperten im Vorfeld der Veröffentlichung entsprechender Richtlinien durch die Aufsicht.

Mindestens eine Wall-Street-Bank erwägt bereits, US-Analysen von Vermögensverwaltern in der EU strikt fernzuhalten – auf Grund des Mangels an aufsichtsrechtlichen Kompromissen, wie informierte Kreise gegenüber Bloomberg berichteten. "Eine Möglichkeit, wie Banken die Vorschriften einhalten können, ist, US-Analysen nicht zu Kunden nach London zu schicken“, sagt Rob Moulton, Partner bei der Anwaltskanzlei Latham & Watkins LLP in London. "Das ist der ultimative Extremfall dieser Pattsituation.” (kb)