Die Europäische Kommission hat Ende vergangener Woche wichtige Dokumente zur EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II vorgelegt. Die sogenannten "delegierten Rechtsakte" behandeln unter anderem das Thema "Product Governance" und die Frage, unter welchen Voraussetzungen Banken und Finanzdienstleister ab Januar 2018 weiterhin Provisionen vereinnahmen dürfen. FONDS professionell ONLINE stellt die wichtigsten Regelungen vor.

Generell gilt, dass ein "unabhängiger" Anlageberater keine Provisionen behalten darf. Das gleiche gilt für die Portfolioverwaltung. Dass ein Vermögensverwalter beispielsweise die Bestandsprovisionen aus den Fonds der Kundendepots vereinnahmt, ist künftig nicht mehr möglich. Das gilt sowohl für unabhängige Anbieter als auch für die Vermögensverwaltung in Banken. Fließen dennoch Zuwendungen, sind sie so "schnell wie sinnvollerweise möglich" an den Kunden auszukehren, heißt es in der Vorlage, die die EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umsetzen müssen.

Wann bleiben Zuwendungen in der Anlageberatung erlaubt?
Gebühren, Provisionen oder nicht-monetäre Vorteile sind künftig nur erlaubt, wenn sie darauf ausgelegt sind, die Qualität der Dienstleistung für den Kunden zu heben. Sie dürfen nicht dem Unternehmen, seinen Anteilseignern oder Angestellten zugutekommen, ohne dass auch die Kunden einen spürbaren Vorteil haben. Die EU-Kommission gibt drei Beispiele, bei denen davon ausgegangen werden darf, dass es sich um eine Qualitätsverbesserung für den Kunden handelt:

  • Das Angebot einer "nicht-unabhängigen" Anlageberatung kombiniert mit dem Zugang zu einer großen Auswahl geeigneter Finanzinstrumente, darunter eine "angemessene" Anzahl von Produkten von Drittanbietern ohne enge Verbindung zur Bank oder dem Finanzdienstleister.
     
  • Das Angebot einer "nicht-unabhängigen" Anlageberatung kombiniert mit dem Angebot an den Kunden, mindestens einmal im Jahr die Geeignetheit der Finanzinstrumente zu überprüfen, oder kombiniert mit einer anderen für den Kunden nützlichen laufenden Dienstleistung, zum Beispiel einer Beratung zu einer optimalen Vermögensallokation.
     
  • Den Zugang zu einer großen Auswahl geeigneter Finanzinstrumente (inklusive Produkten von Drittanbietern) kombiniert mit nützlichen Tools, die dem Kunden helfen, Anlageentscheidungen zu treffen oder das Depot zu überwachen, oder kombiniert mit regelmäßigen Berichten über die Wertentwicklung und die Kosten der Finanzinstrumente.
     

Die EU-Kommission hat bewusst nur grobe Beispiele genannt. Banken und Finanzdienstleister können auch auf anderen Wegen versuchen, eine Qualitätsverbesserung zu rechtfertigen, um weiterhin Provisionen vereinnahmen zu dürfen. Wollen sich die Institute auf der sicheren Seite bewegen, werden sie ihre Geschäftsmodelle aber auf eine der drei genannten Varianten ausrichten.

Wie müssen die Institute mit den Zuwendungen umgehen?
Die Banken und Finanzdienstleister müssen "Beweise" vorhalten, dass die vereinnahmten Zuwendungen tatsächlich darauf ausgerichtet sind, die Qualität der Dienstleistung zu verbessern. Darüber müssen sie Buch führen. Dokumentiert werden muss auch, was unternommen wird, damit die Pflicht des Unternehmens nicht untergraben wird, "ehrlich, fair und professionell im besten Interesse des Kunden" zu handeln.

Wie müssen die Institute die Zuwendungen offenlegen?
Provisionen und andere Zuwendungen müssen dem Kunden gegenüber vor Abschluss eines Geschäftes transparent gemacht werden. Nur kleinere, nicht-monetäre Zuwendungen dürfen allgemein beschrieben werden, alles andere muss detailliert offengelegt werden. Ist es nicht möglich, die konkrete Summe zu nennen, darf das Unternehmen die Berechnungsmethode angeben. In diesem Fall muss dem Kunden nachträglich aber die genaue Summe offengelegt werden. Mindestens einmal im Jahr muss jedem einzelnen Klienten aufgelistet werden, welche Zuwendungen die Firma aufgrund seiner Investments erhalten hat.

Welche Verpflichtungen gibt es mit Blick auf die "Product Governance"?
Eigentlich richtet sich die Mifid II in erster Linie an den Finanzvertrieb. Beim Thema der Ausgestaltung der Finanzinstrumente legt die Richtlinie jedoch auch den Produktanbietern Pflichten auf. Sie müssen beispielsweise sicherstellen, dass ihre Produkte die Kunden nicht benachteiligen. Es ist zum Beispiel verboten, Risiken aus den eigenen Büchern auf die Endanleger abzuwälzen.

Der Anbieter muss auch einen sogenannten "Zielmarkt" definieren, also festlegen, für welche Kundengruppe mit spezifischen Bedürfnissen, Eigenschaften und Zielen ein Finanzinstrument geeignet ist – und für welche nicht. Gefordert werden auch Szenario-Analysen, um herauszufinden, wann Endanleger mit einem schlechten Investmentergebnis zu rechnen haben. Die Anbieter müssen beispielsweise erläutern, wie sich das Produkt bei verschiedenen Marktentwicklungen verhalten wird und was passiert, wenn das Unternehmen oder eine involvierte dritte Partei in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

Kontrolle ist besser
Thematisiert werden muss auch, was geschieht, wenn die Nachfrage nach dem Produkt deutlich größer ist als erwartet, was den zugrundeliegenden Markt beeinträchtigen kann. Dieser Punkt wird seit einiger Zeit in der Investmentbranche wieder vermehrt diskutiert, weil einigen sehr großen Fonds in Nischenmärkten Liquiditätsprobleme drohen könnten.

Die Anbieter sollen ihre Produkte außerdem kontinuierlich überwachen. Berücksichtigt werden muss dabei jedes Ereignis, welches das potenzielle Risiko für den Zielmarkt wesentlich tangieren könnte. Im Blick behalten müssen die Anbieter zudem, ob ihr Produkt tatsächlich an die Kunden vertrieben wird, für die es gedacht und geeignet ist.

Ähnliche Verpflichtungen gibt es auch für den Vertrieb. Er muss beispielsweise darlegen, dass seine Vertriebsstrategie zum identifizierten Zielmarkt passt. Die Regeln legen nahe, dass Anbieter und Vertriebe künftig deutlich enger zusammenarbeiten müssen als bisher. (bm)