421 Konsumenten haben zwischen Jänner 2022 und 20. Juni 2023 Hilfe bei der neuen Ombudsstelle für Zahlungsprobleme gesucht, die das Konsumentenschutzministerium damals auf Antrag des Nationalrates eingerichtet hat. Ein "mäßiges Beschwerdeaufkommen", wie das Ministerium in einem Tätigkeitsbericht nun kritisch anmerkt.

Kaum ein Konsument kennt die Stelle, weil die Banken im Unterschied zu den Versicherungen nicht verpflichtend vorvertraglich und in Vertragsunterlagen über die neue Ombudseinrichtung informieren müssen, heißt es. Bei der seit 2016 existierenden Versicherungsbeschwerdestelle, die von derselben Abteilung im Ministerium betreut wird, ist das Beschwerdeaufkommen etwa vier Mal so hoch wie bei der Ombudsstelle für Zahlungsprobleme, schreibt das Ministerium in seinem Bericht.

Wohnkredite: Auf Banken könnten neue Klagen zukommen
Am häufigsten langten bisher bei der neuen Ombudsstelle Beschwerden zu Hypothekar- und Immobilienkrediten ein, die aufgrund der stark gestiegenen Zinssätze viele Kunden mit variablen Zinsverträgen unter Druck bringen. Es sei zu erwarten, "dass sich diese Probleme in den nächsten Monaten noch verschärfen", schreibt das Ministerium und verweist darauf, dass sich die Zinsanhebungen der EZB immer erst mit ein paar Monaten Verspätung in den variabel verzinsten Krediten niederschlagen.

In diesem Zusammenhang könnten auf die Banken neue Klagen zukommen. Das Ministerium sieht Hinweise, dass vor Kreditvergabe oft die Bonität nicht nach den gesetzlichen Normen geprüft wurde. Banken müssten damit rechnen, dass es zu Zinssteigerungen von tiefen auf historisch übliche Levels kommt und dürften folglich keinen variabel verzinsten Kredit vergeben, wenn ein Kunde die damit verbundenen Risiken nicht tragen kann. Ob es Verstöße gab, müssten nun Gerichte klären, heißt es.

Kritik an mangelnden Informationen
Kritik übt die Ombudsstelle außerdem an der Informationspolitik der Anbieter. Dass viele Kredite in Negativzinszeiten variabel verzinst vergeben wurden, wobei es nur geringfügige Unterschiede zu fixen Konditionen gab, deute auf eine nicht ausreichende Beratung hin. Außerdem hätte oft die Hebelwirkung besser erklärt werden müssen: Für Laien sei es im Allgemeinen überraschend, dass eine Zinssatzerhöhung um nur einen Prozentpunkt je nach Restlaufzeit des Kredits zu einer Erhöhung der monatlichen Kreditrate um etwa zehn Prozent führe.

In sieben Fällen hat die Ombudsstelle bisher Abmahnungen an Banken übermittelt beziehungsweise Verbandsklagen beim VKI in Auftrag gegeben. Darüber hinaus gab es fünf Musterprozesse in Verbindung mit Beschwerden über Zahlungsprobleme. Am Laufen ist hier etwa noch ein Verfahren, das sich mit Zinsgleitklauseln einer Bank beschäftigt, wonach der Zins nur steigen, aber niemals unter den Ausgangswert fallen könnte. Das Handelsgericht Wien hat der Klage in erster Instanz in allen Punkten stattgegeben, das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Auch Anlaufstelle für Cyber-Betrugsopfer
Zuständig ist die Ombudsstelle nicht nur für Bankkredite, Kontoüberziehungen, Leasingfinanzierungen und Ratenzahlungsgeschäfte. Seit Jänner 2023 ist sie auch zentrale Anlaufstelle für Betrugsopfer im elektronischen Zahlungsverkehr. Im Zusammenhang mit E-Banking-Betrugsfällen wurden mithilfe des VKI mehrere Gerichtsverfahren angestrengt, um Schadenersatzfragen zwischen Banken und Kunden, die Opfer von Online-Betrug im Zahlungsverkehr geworden sind, zu klären.

Die neue Ombudsstelle bemüht sich laut den Angaben in erster Linie darum, Zahlungserleichterungen zu erwirken oder außergerichtliche Lösungen zu finden. Bereits überschuldete oder zahlungsunfähige Konsumenten werden an die Schuldnerberatung weiterverwiesen. Vermutet die Ombudsstelle unfaire Geschäftspraktiken, kann sie den Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit Maßnahmen wie Musterprozessen beauftragen. Häufigste Ursachen für Zahlungsschwierigkeiten im Zusammenhang mit Krediten oder Kontoüberziehungen sind laut Bericht Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Scheidung. (eml)


Service: Der Tätigkeitsbericht zum Download (externer Link).