Vor rund zwei Wochen ging der Entwurf zur Ökosozialen Steuerreform in Begutachtung, und spontan gab es ein enormes Aufkommen an Rückmeldungen. Der Grund: Das Gesetz sieht erstmals in Österreich eine umfassende Besteuerung von Kryptowährungen vor.

Nach dem Plan der Regierung sollen Besitzer von Bitcoin, Ethereum und Co genauso wie Aktieninhaber auf ihre Einkünfte 27,5 Prozent zahlen. Praktisch für Anleger: Inländische Depotanbieter oder auszahlenden Stellen (etwa Kryptobörsen wie Bitpanda) müssen die Kapitalerträge einbehalten und an das Finanzamt abführen (sofern sie selbst in das Realisierungsgeschäft eingebunden sind). Und wie bisher bei konventionellen Depots gilt: Wer einen ausländischen Dienstleister hat, der die automatische KESt-Abfuhr nicht macht, der muss weiter selbst tätig werden und Einkünfte in der Veranlagung anführen. Besteuert wird einmal jährlich am 15. Februar des Folgejahres.

Aufreger: Rückwirkende Besteuerung
Die Steuerpflicht soll mit 1. März 2022 in Kraft treten – und sie gilt bereits für Anschaffungen ein Jahr davor: Besteuert werden Kryptowährungen, die nach dem 28. Februar 2021 gekauft wurden. Ältere Bestände sollen nicht betroffen sein. Für die Dienstleister selbst gibt es eine Übergangsfrist: Tatsächlich müssen sie die KESt erstmals ab 2023 einbehalten.

Insgesamt zog der Gesetzesentwurf eine enorme Reaktion nach sich: die Liste der Stellungnahmen auf der Parlamentsseite ist ungewöhnlich lang. Vor allem die rückwirkenden Einbeziehung gefällt vielen nicht. Der Kryptotreuhänder Validvent veröffentlichte sogar eine Petition, diesen Rückgriff zu streichen. Dafür gibt es inzwischen über 5.000 Zustimmungen. Die Begutachtungsfrist endet am 6.12.2021.

Bisher konnten Kryptowährungen – wie etwa Gold – bei einem Besitz von über einem Jahr steuerfrei verkauft werden. Gewinne aus kürzeren Behaltedauern muss man derzeit in der Steuererklärung angeben. Für kurzfristigere Trader, kann die geplante 27,5 Prozent-Regelung damit ein Vorteil gegenüber der Einkommensteuer sein: Wird ein Bitcoingewinn dem Einkommen zugerechnet, kommt in der progressiven Tarifbesteuerung bereits ab 18.000 Euro Gesamteinkommen ein Steuersatz von 35 Prozent zur Anwendung – bis zum Spitzensatz von 55 Prozent für Höchstverdiener.

Verlustausgleich
Begrüßt wird einhellig von allen Beobachtern, dass mit der Novelle künftig ein Verlustausgleich mit anderen Assets möglich wird, die ebenfalls mit 27,5 Prozent besteuert sind. Es können also zum Beispiel (steuerschmälernd) Verluste aus Aktiengeschäften von Gewinnen aus Bitcoin abgezogen werden.

Über die Mehreinnahmen dürfen sich künftig der Finanzminister, die Landeshauptleute und die Bürgermeister freuen: Im Jahr 2023 sollen die Steuer rund fünf Millionen Euro in den Haushalt spülen. 2024 sollen es schon 20 Millionen sein und 2025 wird ein Beitrag von 30 Millionen Euro zum Haushalt erwartet. Davon dürften die Länder im Jahr 2025 knapp 6,4 Millionen Euro erhalten, die Gemeinden 3,6 Millionen Euro (eine positive Entwicklung des Kryptowährungsmarktes vorausgesetzt).

Finanzdienstleister: Zustimmung und Kritik
Bei den Finanzdienstleistern in der Wirtschaftskammer (WKO) zeigt man sich grundsätzlich zufrieden über die Anwendung des Sondersteuersatzes von 27,5 Prozent und über die Möglichkeit, dass Kryptowährungen beim Verlustausgleich mit gleichbesteuerten Assets gegengerechnet werden können. Dass der Tausch gegen eine andere Kryptowährung nicht als Realisierung gilt, wird ebenfalls positiv hervorgehoben.

Zustimmung gibt es außerdem dafür, dass beim Staking Anschaffungskosten mit einem Wert von Null vorgesehen sind: dies ermögliche eine praxisorientierte Anwendung. Zur Erklärung: beim Staking, das in gewissen Blockchains möglich ist (nicht bei Bitcoin), nimmt ein Anleger vereinfacht gesagt am Konsensverfahren teil, das für die Bestätigung der Richtigkeit der Transaktionen nötig ist; dafür erhält er eine Prämie in Form der Kryptowährung. Durch Staking selbst entsteht nach den neuen Regeln keine Steuerpflicht, diese tritt erst beim Verkauf ein.

"Widerspruch zum Vertrauensschutz"
Nicht zufrieden sind die juristischen Experten bei den Finanzdienstleistern hingegen mit der rückwirkenden Besteuerung von Beständen ab Ende Februar 2021. Dies widerspreche dem Vertrauensschutz des Anlegers, heißt es aus dem Fachverband. Anleger hätten ihr Investment schließlich im Vertrauen auf die geltende Rechtslage getätigt.

Außerdem haben die Finanzdienstleister Bedenken, dass die bürokratisch aufwändige Abzugsverpflichtung manch einen Dienstleister in den Ruin treiben könnte. Der Aufwand könnte erstens für österreichische Anbieter zum Wettbewerbs- und Standortnachteil werden und zweitens für kleinere Dienstleister "existenzbedrohend" sein, heißt es. Besser sei es, die von der EU geplante DAC-8-Richtlinie abzuwarten.

Zur Erklärung: diese Regulierung sieht auf dem Gebiet ohnehin größere und europaweit einheitliche Regelungen vor. Es handelt sich um die achte EU-Amtshilfe-Richtlinie, die nach ursprünglichen Plänen bereits heuer in Kraft treten hätte sollen, und die vorsieht, dass Kryptobörsen künftig mit Finanzämtern in engem automatischen Austausch stehen. Wann genau die Richtlinie kommt, ist derzeit ungewiss. Sie bezieht jedenfalls auch Wallets ein, mit denen man Transaktionen weitgehend anonym direkt über die Blockchain machen kann, während man bei Kryptobörsen wie Bitpanda einen KYC-Prozess (Know-Your-Customer) wie bei einer Bank durchlaufen muss. (eml)


Service: Überblicksseite zum Ökosozialen Steuerreformgesetz