Nach der Pleite der verschachtelten Signa Holding und mehrerer zum Geflecht gehörenden Unternehmen wurde rasch Kritik an den Bilanzlegungsvorschriften in Österreich laut. Nicht nur zeigten Recherchen, dass Signa mit seinen über tausend Gesellschaften bewusst ganz legal vermieden hatte, als Konzern eine konsolidierte Bilanz zu legen. Vielmehr wurden in einigen Fällen die Jahresabschlüsse schlicht nicht oder nicht fristgerecht eingereicht. Die Geldbußen bezahlten die verantwortlichen Organe gern, diese Ausgaben wurden laut Recherchen sogar von der Steuer abgesetzt. Im Nachhinein mussten sich Gläubiger und Gesellschafter vorwerfen lassen, dass sie auf diese Signale nicht geachtet hatten.

Doch Signa ist mit der mangelhaften Einhaltung der Vorschriften nicht allein. Für das Geschäftsjahr 2022 haben bis dato 12,2 Prozent jener Unternehmen, die aufgrund ihrer Rechtsform dazu verpflichtet wären, keinen Jahresabschluss vorgelegt. Das zeigt eine Analyse des Gläubigerschutzkonzerns KSV1870, der deshalb nun ein Positionspapier mit der Kritik an das Justizministerium übermittelt hat.

Risikomanagement erschwert
Weitere 3,8 Prozent haben ihre Bilanz nur mit Verspätung veröffentlicht – der Großteil davon, nämlich 3,4 Prozent, tat dies in den ersten drei Monaten nach Fristende. Verspätete Veröffentlichungen seien aus Sicht professioneller Risikomanager und des Gläubigerschutzes "unverantwortlich", so Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding GmbH.

Viele Jahresabschlüsse sind außerdem qualitativ schlecht. So nehmen etwa einzelne Bilanzpositionen einen Wert an, der faktisch nicht möglich ist (etwa ein negativer Kassabestand), Aktiva und Passiva sind nicht ident, oder "Gewinn und Verlust-" und Bilanzpositionen ergeben nicht den ausgewiesenen Endwert. Zudem komme es vor, dass Unternehmen über Jahre hinweg die gleichen Bilanzwerte einreichen, was de facto unmöglich ist, und dabei nur das jeweilige Bilanzjahr aktualisiert wird. Andere Bilanzen werden wiederum handschriftlich gelegt, was die Lesbarkeit massiv einschränkt.

Kritik an abgesenkten Standards
"Nicht erfüllte Mindeststandards und eine nicht erfolgte Qualitätskontrolle vor Einreichung kommen leider häufiger vor, als man glauben mag", so KSV-Prokurist Günther Fasching. Er kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die Menge der Informationen, die eingereicht werden müssen, im Laufe der Zeit sukzessive reduziert wurde. Fasching fordert eine "Rückkehr zu früheren Veröffentlichungsbestimmungen".

Der KSV1870 fordert "eine maßgebliche Verschärfung der allgemein gültigen Bedingungen zur Veröffentlichung von Jahresabschlüssen". Man solle über eine Verschärfung des Strafausmaßes bei Nichteinhaltung der Standards nachdenken. Abseits finanzieller Konsequenzen fordert der KSV bei Regelbrüchen, dass Haftungsregeln eingeführt werden. 

Momentan kann das Firmenbuchgericht bei Nichtveröffentlichung Zwangsstrafen zwischen 700 und 4.200 Euro im Abstand von zwei Monaten verhängen. Zu wenig, wie Experten seit der Signa-Pleite kritisieren. (eml)