Die europäischen Dachverbände der Banken, Versicherungen sowie der Fonds- und Zertifikateanbieter haben EU-Kommissar Jonathan Hill erneut gebeten, den Start der EU-Verordnung über die dreiseitigen Produktinformationsblätter von verpackten Anlageprodukten (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products, Priip) um ein Jahr nach hinten zu schieben.

Die Zeit drängt: Offiziell soll die Verordnung schon am 31. Dezember 2016 in Kraft treten. Dieser Stichtag sei "schlicht unrealistisch", heißt es in einem Schreiben an Hill, das der "Börsen-Zeitung" (BöZ) vorliegt. Schließlich würden die regulatorischen und technischen Standards, ohne die Anbieter eine Ausarbeitung der vorgeschrieben Informationsblätter (Key Investor Documents, KID) gar nicht angehen können, "im besten Falle" im dritten Quartal dieses Jahres veröffentlicht. Dann blieben nur noch drei bis vier Monate Zeit für die Umsetzung der teils kniffligen Vorschriften. Und selbst dann bestünde noch keine abschließende Rechtssicherheit, da die Produktanbieter noch mit Einwänden des EU-Parlaments und des Ministerrats rechnen müssten, so die BöZ.

Neben dem mehr als strammen Zeitplan hatte der deutsche Fondsverband BVI  schon Ende 2015 darauf hingewiesen, dass sich die Beschreibung des Kleinanlegertyps in der Verordnung an der Bestimmung des Zielmarkts nach Mifid II richtet. Wegen der Mifid-II-Verschiebung um ein Jahr sollte daher konsequenterweise auch der Priip-Start hinausgezögert werden, so der Verband damals, der zudem an einigen Punkten der Verordnung, insbesondere der Berechnungsmethode der in den KIDs anzugebenden Transaktionskosten von Fonds, heftige Kritik übt. 

Chaos bei Fonds-KIDs
Mit einer verspäteten Einführung von Priip ließe sich zudem ein heilloses Durcheinander bei Fonds-KIDs vermeiden. Ein zentraler Punkt in diesen ist der "Summary Risk Indicator" (SRI). Diese Kennzahl wird auf Basis einer mathematischen Simulation ermittelt und ordnet alle Finanzprodukte in sieben Risikostufen ein. Mit Inkrafttreten von Priip wird der SRI die bisherige Risiko-Messgröße, den "Synthetic Risk and Reward Indicator" (SRRI), ab- und eine wahre Papierflut auslösen (FONDS professionell ONLINE berichtete).

Für noch mehr Verwirrung sorgt die Tatsache, dass der europäische Gesetzgeber den Fondsgesellschaften für die Umstellung auf die neuen KIDs eine Übergangsfrist bis Ende 2019 eingeräumt hat – bis dahin können sie die alten Anlegerinformationen weiter verwenden. Allerdings benötigen die Versicherer die Risikoeinstufung von Fonds auf Basis des SRI bereits vor dem 31. Dezember 2016, um die KIDs für ihre Fondspolicen erarbeiten zu können. (jb)