Investoren, die Anleihen nicht über Fonds, sondern direkt kaufen, bekommen zusätzlich zum niedrigen Zinsniveau vielleicht schon bald ein ganz neues und sehr kostspieliges Problem: Und zwar in Form von höheren Gebühren für das Research von Anleihen. Über diese Entwicklung berichtet "Bloomberg News".

Die neuen Mifid-II-Regeln der EU, die Anfang 2018 greifen, schreiben vor, dass die Kosten für Handel und Research getrennt werden müssen. Erste Preismodelle gibt es schon, darunter Premium-Pakete für 120.000 Euro von Crédit Agricole oder Nomura Holdings, die beide eine Vielzahl an Research-Produkten enthalten.

Die Regulierer beharren auf ihrer Interpretation,  dass die Kosten für Anleihe-Research bislang im Geld-Brief-Spread versteckt enthalten sind und dass demzufolge sich jener Spread einengen müsste, sobald die Research-Gebühr herausgelöst wird. Die Branche ist komplett anderer Ansicht. Nicht wenige Asset-Manager argumentieren, dass eine gesonderte Gebühr für Research nichts anderes bedeutet, als dass zukünftig weniger Studien geschrieben und die Kosten für Investoren dadurch im Gegenteil steigen werden.

Investoren droht Kostenexplsion
"Wenn Händler die Spreads nicht um die Research-Prämie anpassen, wird Mifid II zu einer neuen Umsatzquelle für Investmentbanken und bringt weitere Kosten für Investoren", sagt Duncan Warwick-Champion, Leiter Corporate-Research bei ECM Asset Management. "Ich bin mir nicht sicher, ob es das ist, was der Regulierer möchte."

Die Zielsetzung von Mifid II ist die Überarbeitung des Gebühren-Mischmaschs im Zuge des Wertpapierhandels inklusive Research, was separat aufgeführte Gebühren für jede Dienstleistung notwendig macht. Dabei soll künftig zugleich einem bestehenden Interessenkonflikt vorgebeugt werden, der entsteht, weil Investoren Banken ihr Transaktionsgeschäft im Gegenzug für kostenlos zur Verfügung gestellte Investment-Empfehlungen überlassen.

Undurchsichtiger Markt
Die Größe des Fixed-Income-Researchmarktes ist schwer einzuschätzen. Die britische Financial Conduct Authority (FCA) hat hochgerechnet, dass britische Vermögensverwalter in Summe rund drei Milliarden Pfund Handelsprovisionen pro Jahr an Broker bezahlen und grob die Hälfte dieses Betrags allein für Research ausgegeben wird. Laut der FCA wird weit weniger Fixed-Income-Research produziert und konsumiert als Aktien-Research, und daher dürften auch die Gebühren deutlich niedriger ausfallen.

Global fallen pro Jahr rund 30 Milliarden US-Dollar an Aktien-Provisionen an, von denen 20 Milliarden US-Dollar für Research ausgegeben werden, so ein Bericht von Bloomberg Intelligence, Frost Consulting, Edison Investment Research und Edison Group.

Beim Aktienhandel kann die Provision des Brokers zerlegt werden, um die Research-Gebühr herauszurechnen. Diesen Ansatz auch beim Handel von Anleihen anzuwenden, ist nicht gerade einfach. Die FCA beharrt darauf, dass die Kosten "im verhandelbaren Geld-Brief-Spread der Broker enthalten" seien, und wenn Research einen "grundlegenden Teil der Kosten des Brokers ausmacht, würden wir erwarten, dass sich die Spreads verringern".

Karten neu gemischt
Die Kosten für Research heraus zu trennen "wird mehr Transparenz in einen Bereich bringen, der zur Zeit noch undurchsichtiger als die Aktienmärkte ist" und "den Markt für Researchdienstleistungen für Firmen außerhalb der Broker-Branche öffnen", sagt der Regulierer. Mark Holman, Chief Executive Officer bei Twentyfour Asset Management, teilt die Skepsis der Branche. "Der Spread ist das Niveau, auf dem der Händler bereit ist, ein Geschäft zu machen, unabhängig vom Research", sagt er. "Wenn man zufällig auch Research erstellt, hat dies absolut nichts mit der Geld-Brief-Spanne zu tun".

Was also wird passieren, wenn Mifid II am 3. Januar "live" geht? Zunächst werden Asset Manager wohl grundsätzlich wählerischer beim Research werden. Die Nachfrage nach Fixed-Income-Research könnte zurückgehen, denn viele Produkte sind nicht "Research-abhängig", meint das Analysehaus Greenwich Associates. "Bei Anleihe-Produkten wird weiterhin Research angeboten, aber es fällt eher in die Rubrik 'nice to have' und wird wohl weniger ein kritischer Bestandteil bei Investitionsentscheidungen", zitiert Bloomberg das Beratungshaus.

Wenn sich die Spreads nicht, wie vom Regulierer angenommen, einengen, könnte man sogar argumentieren, dass Investoren doppelt bezahlen: einmal über den Spread und ein zweites Mal über die Gebühr, sagt Simon Adamson, Analyst beim unabhängigen Research-Haus Creditsights. “Viele sind bereits besorgt, dass sie an irgendeiner Stelle für Research bezahlen", sagt Adamson. "Wenn man separat nochmals eine Gebühr verlangt, dann kann man argumentieren, dass man eine Zusatzgebühr fordert". (Bloomberg/aa)