Mit einer ab 1. Mai gültigen Änderung im Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz sollen Senioren leichter Darlehen aufnehmen können. Die entsprechende Regierungsvorlage wurde am Mittwoch vom Justizausschuss einstimmig abgesegnet. Bisher sah das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz in § 9 Abs. 5 vor, dass ein Kredit nur dann gewährt werden darf, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgeht, dass die Verpflichtungen des Kreditvertrages erfüllt werden können. Dies schloss ältere Kreditwerber bei längeren Laufzeiten quasi aus, da die Möglichkeit eines Todesfalls innerhalb der Tilgungszeit eine negative Kreditwürdigkeitsprüfung bedeutete. 

Die wichtigste Neuerung der Gesetzesänderung liegt in den Vorgaben der Kreditwürdigkeitsprüfung: Fortan müssen im Zuge jener bestehende Sicherheiten und insbesondere die Wahrscheinlichkeit, mit der die Vertragsverpflichtungen erfüllt werden können, berücksichtigt werden. In der Praxis liegen "ausreichende Sicherheiten" vor allem dann vor, wenn der Wert der betreffenden Immobilie die Kreditsumme übersteigt. "Die neue Regelung hält fest, dass der Wert einer Immobilie durchaus bei der Kreditvergabe berücksichtigt werden darf", so Roland Weinrauch, Gründer der auf Immobilienrecht spezialisierten Wiener Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte. Durch die Voraussetzung, dass der Kreditnehmer den laufenden Kreditvertragsverpflichtungen zu Lebzeiten auch nachkommen kann, werde jedoch gewährleistet, dass der Liegenschaftswert nicht zum hauptsächlichen Prüfungsgegenstand wird.

Kein automatischer Ausschlussgrund 
Durch die Novelle des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes ist nicht sichergestellt, dass Senioren eine positive Kreditwürdigkeitsprüfung erhalten. Die Prüfung wird per Novelle aber um neue Punkte ergänzt, wodurch ein höheres Alter jedenfalls keinen automatischen Ausschlussgrund mehr darstellt. Damit nähert sich die österreichische Regelung auch der deutschen Rechtslage an: "Bei den Neuerungen hat unser Rechtsapparat wohl auch über die Grenze gesehen. Insgesamt sind die neuen Bestimmungen bezüglich der Kreditwürdigkeitsprüfung bei Senioren denen der deutschen Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung (ImmoKWPLV) sehr ähnlich. Damit verbessert sich auch die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Kreditinstitute", betont Weinrauch. 

Für Senioren bringt die Neuregelung der Kreditwürdigkeitsprüfung mehr finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten und letztlich Selbstbestimmung. Österreichischen Banken eröffnet sich ein neues Segment an Kreditkunden, gleichzeitig wird die Kreditwürdigkeitsprüfung durch die Novelle aber auch komplexer. "Die Novelle des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes erfüllt das wichtige Ziel, eine mögliche Altersdiskriminierung bei der Wohnkreditvergabe zu verhindern. Ökonomisch betrachtet könnte es aufgrund der Neuerung aber mittel- und langfristig auch zu einer Steigerung der notwendigen Immobilienverwertungen kommen", so das Fazit des Experten. (gp)