Die aktuell schwierige Situation auf dem Immobilienmarkt hat sich insbesondere in den letzten zwei Jahren verschärft, beginnend mit den Zinserhöhungen der meisten Zentralbanken und der konjunkturellen Abkühlung auf den Immobilienmärkten als direkte Folge. Die Immobilienpreise begannen zu stagnieren oder sogar zu sinken, insbesondere in Märkten, die zuvor einen starken Preisanstieg verzeichnet hatten. Umso wichtiger ist das richtige Verhalten des Anlageberaters, um mögliche Haftungsfälle zu vermeiden, wenn ein Kunde heute noch ein Immobilieninvestment wünscht.

Produktbezogene Risikoaufklärung 
Das größte Spannungsfeld in der Praxis stellt die Frage dar, wann eine ausreichende Aufklärung über die mit dem jeweiligen Finanzinstrument verbundenen Risiken vorliegt. Dies hängt vom konkreten Produkt ab – gesetzlich ist lediglich vorgesehen, dass dem Anleger die mit Immobilienfonds verbundenen Risiken (Marktrisiko, Liquiditätsrisiko etc.) zu erläutern sind. Auf welche Art und Weise die Aufklärung passieren muss, lässt das Gesetz aber offen. Die Rechtsprechung gibt allerdings zumindest eine bestimmte Stoßrichtung vor und erwartet sich, dass mit dem Anleger nicht nur abstrakt über das Risiko gesprochen wird und dieses nicht verharmlost beziehungsweise als auf "seltene Extremfälle" ­beschränkt dargestellt wird (vgl. VwGH Ra 2015/02/0172). Auch auf das Totalverlust­risiko ist jedenfalls hinzuweisen, da ansonsten in der Regel ein Beratungsfehler vorliegt (vgl. z.B. OGH 2 Ob 133/16x). Damit erwartet die Rechtsprechung, dass konkrete und realistische Risiken zu erörtern sind.

Insolvenzrisiko
Aber ist damit auch auf jedes denkbare Risiko hinzuweisen, etwa das Insolvenzrisiko? Hier ist die Rechtsprechung weniger anlegerfreundlich: Sie ist bei allgemein ­bekannten Risiken zurückhaltender und setzt voraus, dass die Kunden auch den allgemeinen Hausverstand einsetzen. Daher besteht etwa keine generelle Pflicht, auf das allgemeine Insolvenzrisiko hinzuweisen (OGH 3 Ob 187/18y), solange für einen Anlageberater keine konkreten Anhaltspunkte bestehen, dass die Insolvenz kurz bevorsteht. Wusste der Anlageberater daher von einer drohenden Insolvenz nicht – und musste er auch von einer solchen nicht wissen –, so droht grundsätzlich ­keine Haftung. Die Haftungsfälle der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang knüpfen vielmehr daran an, dass der Anlageberater (nur) über unzureichende Kenntnisse verfügt, also über (risikoträchtige) Umstände nicht aufgeklärt hat, die ihm sonst bekannt sein mussten.

Weichkosten
Der konkrete Umfang der Aufklärungspflichten ist zudem nicht immer eindeutig, wie das Beispiel der Aufklärungspflichten zu den Weichkosten zeigt. Unter dem ­Begriff "Weichkosten" werden jene Kosten verstanden, die bei der Konzeption und beim Vertrieb eines geschlossenen Immobilienfonds entstehen und während der ­Investitionszeit anfallen (Kosten für Kapitalbeschaffung, Rechtsberatung, Vertrieb etc.). Nach der Rechtsprechung muss der Anleger stets mit solchen Weichkosten rechnen. Eine Aufklärungspflicht über solche Kosten bestehe aber dann, wenn sie eine erhebliche Höhe erreichen (z.B. OGH 3 Ob 190/16m). Wann ist also eine derartige ­"erhebliche Höhe" erreicht? Dies ist nach der aktuellen Rechtsprechung im Einzelfall – insbesondere anhand der Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden – zu bestimmen. So wird man einen unerfahrenen Kunden, der sich zum ersten Mal mit geschlossenen Immobilienfonds beschäftigt, bereits über geringe Weichkosten aufklären müssen.

Mitverschulden des Kunden 
Selbst wenn ein Anlageberater nicht über sämtliche Risiken ausreichend genau berichtet, heißt das noch nicht, dass er ­einem Kunden einen allfälligen Schaden vollumfänglich ersetzen muss. Vielmehr muss der Anleger es sich anrechnen lassen, wenn ihm selbst bei seiner Anlageent­scheidung Fehler unterlaufen sind, womit ein "Mitverschulden" vorliegt. Ein die ­Ersatzpflicht minderndes Mitverschulden kommt etwa dann in Betracht, wenn der Anleger selbst über entsprechende Kenntnisse verfügt und ihm die Unrichtigkeit der Anlageberatung auffallen hätte müssen (RIS-Justiz RS102779). Ebenso kann ein Mitverschulden etwa dann vorliegen, wenn der Anleger Informationsmaterial nicht ­beachtet oder Risikohinweise nicht liest ­(etwa OGH 10 Ob 58/16a). Dies ist aber nicht immer zwingend der Fall, sondern nur dann, wenn dem Anleger das Nicht-Lesen als Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten vorgeworfen werden kann (z.B. OGH 1 Ob 159/19t). Ob das tatsächlich vorliegt, ist eine Einzelfallentscheidung.


Den vollständigen Artikel von Raphael Toman, Partner, und Melike Okulmus, Associate bei Brandl Talos Rechtsanwälte, lesen Sie in der Heftausgabe 3/2024 von FONDS professionell, die Ende des Monats erscheint.