Die EU-Kommission dürfte in Kürze eine Konsultation beginnen, in der es um einen neuen Aufsichtsrahmen für Fondsgesellschaften geht. "Wahrscheinlich im Mai", wie ein mit der Sache vertrauter Fondsexperte sagte. Vordergründig sollen Regeln eingeführt werden, um Systemrisiken durch große, insbesondere grenzüberschreitend tätige Fondsgesellschaften besser zu begrenzen. Im Detail ist aber bereits jetzt erkennbar, dass auch auf die kleinen Gesellschaften neue Herausforderungen zukommen.

An die Öffentlichkeit kamen die Pläne, weil die österreichische Finanzmarktaufsicht FMA am Montag (15.4.) gemeinsam mit der französischen AMF, der italienischen Commissione Nazionale per le Società e la Borsa (CONSOB) und der spanischen Comisión Nacional del Mercado de Valores (CNMV) ein Papier online stellte, in dem die vier Regulatoren Vorstellungen zu Liquiditätsvorgaben und einer Zusammenarbeit verschiedener Aufsichten skizzieren. Vertreter der österreichischen Fondsindustrie wussten davon nichts und zeigten sich überrascht.

Deutsche und Luxemburger Aufseher nicht mit dabei
Auffällig ist, dass die Aufsichtsbehörden der großen europäischen Fondsstandorte Luxemburg und Deutschland nicht beteiligt sind. Die Vermutung liegt nahe, dass bereits im Vorfeld der geplanten Konsultation Claims unter den Behörden abgesteckt werden. Ein Sprecher der FMA antwortete bsilang nicht auf eine Anfrage von FONDS professionell ONLINE.

In ihrer Veröffentlichung heben die vier beteiligten Regulatoren fünf Punkte hervor. Erstens wünschen sie sich einen flächendeckenden Einsatz von "Liquidity Management Tools" (LMT) in allen offenen Fonds. Zum zweiten soll es ein Verbot der Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten für Geldmarktfonds geben, unter anderem, weil diese den Eindruck eines stabilen Nettoinventarwerts (NAV) erwecken und somit den Anlegern falsche Hoffnungen machen könnten. Drittens steht die Forderung nach systemweiten Stresstests im Raum, "um die Schwachstellen der einzelnen Vermögensverwaltungsgruppen und ihre Verflechtungen mit anderen Teilnehmer:innen des Finanzsystems besser zu verstehen". Viertens sollen die nationalen Aufsichten bei der Kontrolle großer, grenzüberschreitend tätiger Vermögensverwalter zusammenarbeiten ("Einrichtung eines Aufsichtskollegiums für diese Gruppen sowohl in Stresssituationen als auch unter normalen Marktbedingungen"). Fünftens verlangen die Aufseher eine "Datendrehscheibe" mit EU-weit standardisierten Informationen aus den einzelnen Märkten, die von Aufsehern und Zentralbanken gemeinsam genutzt werden kann.

Nicht-Banken sollen strenger reguliert werden
Ziel der geplanten Konsultation der EU-Kommission ist es, die sogenannten Non-Bank Financial Intermediations (NBFI), zu denen auch die Vermögensverwalter zählen, an die kürzere Leine zu nehmen. Die NBFIs hätten in den vergangenen Jahren einen immer größeren Anteil am globalen Finanzsystem eingenommen, heißt es in dem Papier von FMA, AMF, CONSOB und CNMV. Zahlen dafür werden nicht genannt. Schocks bei solchen Anbietern könnten jedenfalls – ähnlich dem Bankensektor – negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben.

Nicht zuletzt dürften dabei den Aufsehern noch die Liquiditätsprobleme bei den Geldmarktfonds zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 im Nacken sitzen. Während Anleger und Investoren Geldmarktfonds als Cash-Äquivalent betrachten – und damit auf ständige Verfügbarkeit ohne größere Wertabweichungen bauen –, kamen diese Fonds mit dem Ansturm auf Liquidität unter Druck.

Warnung vor Eingriffen in die Vermögensverwaltung
Allerdings sprechen sich die vier Aufsichten dagegen aus, die Vermögensverwalter nach Standards zu regulieren, die man aus dem Bankenbereich kennt. Ein Fokus auf Eigenkapitalanforderungen und Liquiditätspuffer sei ungeeignet. Nicht zuletzt würde das Vorschreiben von Liquidität durch eine Aufsicht einen Eingriff in die Investmententscheidung bedeuten. Eher gehe es darum, gezielt übermäßige "Preisvolatilität und Liquiditätsstress" einzudämmen. Dazu sollen vorbeugend die erwähnten LMT-Systeme dienen. Das "Ökosystem" Asset Management sei vielfältiger als die Bankbranche; unter anderem wird auch darauf verweisen, dass in der Vermögensverwaltung nicht in erster Linie das Unternehmen selbst von Marktturbulenzen betroffen ist, sondern das Risiko weitgehend bei den Investoren liegt.

Die bisher aufgetretenen Probleme würden zeigen, dass es vor der Schaffung neuer Regeln eine genaue Definition der Risiken brauche. Die FMA und ihre Schwesterbehörden verweisen dabei auf sehr unterschiedliche Krisen, etwa auf den  Archegos-Skandal 2021 (Bankenexposure gegenüber einem unregulierten Family Office). Der Fall hatte komplett andere Ursachen als der Beinahezusammenbruch von Pensionsfonds im Jahr 2022, ausgelöst durch schlechtes Zinsrisikomanagement im Umfeld politisch verursachter Turbulenzen bei britischen Anleihen.

Längerer Nachdenkprozess
René Brunner, Rechtsexperte beim österreichischen Fondsverband VÖIG, sagte, dass man von den Arbeiten der vier Aufsichten an konkreten Vorschlägen nichts wusste. Er betonte jedoch, dass Pläne in diese Richtungen bereits seit Längerem in Arbeit seien, und verwies auf Papiere des Financial Stability Boards (FSB) und der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) von Ende 2023, in denen es bereits ausführlich um die Liquidität in offenen Fonds geht, sowie auf den Bericht der EU-Kommission zu den makroprudenziellen Risiken bei den NBFI aus dem Januar 2024.

Im Jahr 2024 wird die EU-Kommission außerdem eine weitere Konsultation durchführen. In dieser soll die Verordnung über Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (Securities Financing Transaction Regulation – SFTR) überprüft werden. Es geht um eine Verordnung über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften, die die Bedingungen von Finanzierungs- und Kreditgeschäften durch Nichtbanken verbessern soll. (eml)