Sind Strafzinsen an Kreditnehmer zu zahlen, oder nicht? In der Frage müssen sich Banken aktuell in mehreren Fällen vor Gericht verantworten. In einem Verfahren am Linzer Bezirksgericht hat die beklagte Partei, die Sparkasse Oberösterreich, nun ein bemerkenswertes Gutachten vorgelegt. Dessen düsterer Tenor: Eine eventuelle Pflicht zur Weitergabe von Negativzinsen könnte Banken rasch die Existenz kosten.

Im September hat das Handelsgericht Wien – als erstes Berufungsgericht – in einem Urteil gegen die Bank Austria entschieden, dass Negativzinsen, wenn vertraglich nicht anders vereinbart, gutzuschreiben sind. Die österreichische Unicredit-Tochter will den Fall nun vor das oberste Gericht bringen, wie FONDS professionell ONLINE berichtete.

Auch im aktuell vorliegenden Fall vertritt die Klägerpartei die Ansicht, dass Verträge einzuhalten sind. "Es wird so gerechnet wie vereinbart. Wenn der Euribor auf minus 0,3 Prozent ist, errechnen sich Zinsen von 1,075 Prozent, wenn der Euribor auf minus zwei Prozent wäre, erhielte der Kreditnehmer 0,65 Prozent Zinsen", so Anwalt Michael Poduschka gegenüber der APA.

"Starke Asymmetrie zu Lasten der Banken"
Dem hält die Sparkasse Oberösterreich ein Gutachten der Universitätsprofessoren und Bankenexperten Stefan Pichler und Rainer Jankowitsch entgegen, das der Nachrichtenagentur vorliegt und die drastischen Folgen einer Bestätigung durch den OGH aufzeig. Die Kernaussage im Wortlaut:

"Wenn eine Zinsuntergrenze von null Prozent bei Einlagen zur Anwendung kommt und gleichzeitig bei Krediten negative Referenzzinssätze vollständig an Kreditnehmer weitergegeben werden müssen, ergibt sich daraus eine starke Asymmetrie zu Lasten der Banken. Bei einem Referenzzinssatz von minus eins Prozent weist eine typisch österreichische Bank nachhaltige Verluste auf. Bei noch negativeren Zinssätzen besteht die Gefahr, dass die Bank bereits in sehr kurzer Zeit ein Abwicklungsfall ist."

Anwalt Poduschka zeigte sich gegenüber der APA überrascht. Glauben wolle er das aber so nicht, weswegen er für die nächste Verhandlung im kommenden Jänner die Einvernahme des Sparkassenchefs beantragt habe. (dw)