Die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa hat am 5. September eine Konsultation zu der Frage gestartet, wie die Definition einer komplexen Lebensversicherung lauten könnte. Von der Beantwortung hängt im Einzelfall ab, ob für eine Police eine Geeignetheitsprüfung erforderlich ist oder nicht – was wiederum erhebliche Konsequenzen für den Vertrieb von Lebensversicherungen hat. Die Abgabefrist für die Stellungnahmen endet am 25. September.

Im Detail geht es um Artikel 30 der Anfang 2018 in Kraft tretenden europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD. Diese besagt, dass Versicherungsanlageprodukte, die "keine Struktur aufweisen, die es dem Kunden erschwert, die mit der Anlage einhergehenden Risiken zu verstehen" prinzipiell von einer Geeignetheitsprüfung vor dem Verkauf ausgenommen werden können. Da diese Prüfung sich eng an die strengen Vorgaben der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II anlehnt und eine Abfrage über die Kenntnisse und Erfahrung des Kunden im Anlagebereich fordert, wäre im Umkehrschluss der Vertrieb von nicht-komplexen Lebenspolizzen einfacher.

Der Knackpunkt für die Versicherer ist also, wie Juristen der Redaktion bestätigt haben, welche Polizzen komplex sind und welche nicht. Insbesondere ist die Frage entscheidend, ob klassische Lebensversicherungen mit einer garantierten Ausschüttung, die immer noch zu den Top-Sellern im Lebensbereich gehören, ebenfalls darunter fallen. Fondspolizzen werden wohl aller Voraussicht nach die Definition erfüllen, Risiko-Lebensversicherungen nicht.

Letztes Wort haben die EU-Staaten
Die Ungewissheit der Branche ist aber auch mit einer Klärung der Definition durch die Eiopa noch nicht beendet. Kenner des Politikbetriebes in Brüssel weisen darauf hin, dass die Aufsicht nur Vorschläge macht, die Entscheidung werde aber die EU-Kommission fällen. Außerdem kommt hinzu, dass das letzte Wort, ob für bestimmte Lebenspolizzen die Geeignetheitsprüfung wegfallen könnte, jedem EU-Mitgliedsstaat überlassen wird.

In dem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass komplexere Lebensversicherungen auch unter die EU-Verordnung über Packaged Retail and Insurance-based Investment Products (Priip) fallen. Hier ist aber, Stand 7. September, ebenfalls noch nicht entschieden, welche Polizzen nun unter die Verordnung fallen. (jb)